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WASSER/116: Simbabwe - Wassersuche in den Städten, Quantitäts- und Qualitätsmängel der Versorgung (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 31. Januar 2013

Simbabwe: Wassersuche in den Städten - Quantitäts- und Qualitätsmängel der Versorgung

von Stanley Kwenda


Bild: © Ignatius Banda/IPS

Frauen und Kinder in Simbabwe stehen für Wasser an einer Zapfstelle an
Bild: © Ignatius Banda/IPS

Harare, 31. Januar (IPS) - Drei Wochen lang standen Tavonga Kwidini und seine Frau Maria in Glen View, einem Viertel der simbabwischen Hauptstadt Harare, ohne Leitungswasser da. Aus den Hähnen ihres Hauses kam kein einziger Tropfen. Dann endlich kam die Erlösung in Form heftiger Regengüsse.

"Jetzt sammeln wir den Regen und verwenden ihn als Trink-, Bade- und Toilettenabzugswasser", berichtet Kwidini. Da der Januar ein niederschlagsreicher Monat ist, hat er bereits neue Kanister aufgestellt, um das kostbare Nass aufzufangen. "Wasserprobleme sind kein Novum hier", sagt er und berichtet, dass in der Nachbarschaft 2008 mehrere Menschen an der Cholera gestorben seien.

Lange Zeit hatte man für die Wasserversorgungsprobleme in der Stadt vor allem den Mangel an Chemikalien verantwortlich gemacht. Doch seit knapp fünf Jahren stellt das Kinderhilfswerk UNICEF den 20 städtischen Wasserräten die keimtötenden Mittel gratis zur Verfügung. Die Unterstützung der Vereinten Nationen geht auf die Cholera-Epidemie 2008 mit 4.000 Toten zurück, die erst im April letzten Jahres unter Kontrolle gebracht werden konnte. wie die UNICEF-Pressesprecherin Micaela Marques de Sousa berichtet.

Experten sind der Meinung, dass angesichts der prekären Lage die UN-Hilfsorganisation über eine Neuauflage ihres 2008 ausgesetzten Programms für Wasser, Sanitärversorgung und Hygiene (WASH) nachdenken sollte - auch als Versuch, um das entsprechende Millenniums-Unterziel zur Armutsbekämpfung doch noch fristgerecht bis 2015 zu erreichen.

Dass afrikanische Frauen in den ländlichen Gebieten weite Wege zurücklegen müssen, um an Wasser zu kommen, ist hinlänglich bekannt. Dass sie sich inzwischen aber auch in den Städten mit Eimern auf den Weg machen müssen, ist ein relativ neues Phänomen und in den Städten Simbabwes inzwischen ein alltäglicher Anblick.


Von einer Zapfstelle zur nächsten

"Wir haben keine andere Wahl als von einer Zapfstelle zur nächsten zu ziehen", sagt Kwidini, der in einem Warenhaus im Zentrum von Harare arbeitet. "Wir können froh sein, dass es in dieser Zeit regnet, sonst müsste ich jeden Abend das Wasser eimerweise heimwärts schleppen", berichtet er.

Doch wie in so vielen Krisen auf der Welt sind es auch diesmal die Frauen und Kinder, die besonders unter den negativen Folgen der Wasserversorgungskrise leiden. Frauen sehen sich gezwungen, ihre Wäsche in Gewässern zu waschen, in die Industrieunternehmen ihre Rückstände einlassen. Damit setzen sie sich einem hohen Gesundheitsrisiko aus.

Die Kinder wiederum sind als Wasserholer im Einsatz. "Ich stehe um fünf Uhr morgens auf, um mich vor der lokalen Zapfstelle anzustellen", erzählt die 14-jährige Thelma. Oft muss sie sehr lange warten, sodass sie zu spät zur Schule kommt.

Die Zahl der funktionsfähigen Zapfstellen reicht für den Andrang bei Weitem nicht aus. Wenn Installationen versagen, werden sie oftmals nicht repariert - wie geschehen mit der Wasserstelle im Tichagarika-Einkaufszentrum in Glen View. Nachdem die Installation im Juni letzten Jahres zusammengebrochen und monatelang nicht gewartet worden ist, sind die Anschlüsse verschwunden.

Die simbabwische Regierung hat der Stadt Harare dabei geholfen, 250 Zapfstellen in der Hauptstadt anzubringen. Doch nach Angaben von Bewohnern sind die meisten längst außer Betrieb oder liefern nur noch schmutziges Wasser.

50 Typhusfälle pro Tag

Wie aus dem letzten Seuchenkontrollbericht des Ministeriums für Gesundheit und Kinderwohlfahrt hervorgeht, werden in Harare und seinen Satellitenstädten 50 Typhusfälle am Tag gemeldet. Etwa 500.000 Menschen litten im letzten Jahr an Durchfallerkrankungen, die in 281 Fällen tödlich verliefen.

Laut dem 'Harare Residents Trust' (HRT), einer unabhängigen Verbraucherschutzorganisation, sind in der Zwei-Millionen-Metropole Harare gerade einmal 192.000 Haushalte an das städtische Wassersystem angeschlossen. Der Rest bezieht sein Wasser aus den öffentlichen Zapfstellen und/oder sammelt Regenwasser.

Und was das Ganze noch schlimmer macht: Nach Erkenntnissen von HRT versickern 60 Prozent des aufbereiteten Wassers ungenutzt im lecken Leitungssystem. Harare benötigt pro Tag 1.300 Megaliter Wasser, kann aber nur die Hälfte des Bedarfs decken. Ganze 27 Millionen Dollar im Monat gibt Simbabwe für die Bereitstellung von sauberem Wasser aus.

HRT-Chefin Precious Shumba erklärt die Misere mit der Unfähigkeit der lokalen Räte. "Wir sind enttäuscht über den miserablen Service - die Qualität ist verheerend und die Menschen klagen über Bauchschmerzen und Durchfallerkrankungen wie Typhus. Das meiste Wasser, das aus den Kränen kommt, riecht schlecht und ist nicht sauber", fügt sie hinzu. In einigen Stadtteilen sei das Wasser aus den Hähnen mit Gemüseresten und mit gekochtem Maismehl ('Sadza') durchsetzt gewesen.

Einer kürzlich veröffentlichten Studie der Universität von Simbabwe zufolge läuft jeder 1.000 Hauptstadtbewohner Gefahr, aufgrund der miesen Wasserqualität an Darm- oder Leberkrebs zu erkranken. Auch wenn der städtische Ingenieur Christopher Zvobgo diese Angaben in Frage stellt, so räumt er dennoch ein, dass die Wasserversorgung der Stadtbevölkerung eine erhebliche Herausforderung darstellt.

"Wir testen das Wasser täglich und entnehmen an unterschiedlichen Stellen Wasserproben", versichert er. "Jeden Monat schicken wir die Proben an zwei unabhängige Laboratorien, um zu testen, ob die Wasserqualität den Minimalanforderungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) entspricht", betonte er. Das größte Problem seien die alten Rohre.

In Glen View haben sich Alois Chidoda und seine Kinder bereits des Öfteren gezwungen gesehen, die öffentlichen Zapfstellen aufzusuchen, weil das Wasser ungenießbar war. "Es zu sich nehmen, wenn es diese brackig braune Farbe hat, hieße krank zu werden". sagt er.

Der Präsident der Vereinigung der städtischen Räte Simbabwes (UCAZ), Femias Chakabuda, führt die Wasserengpässe vor allem auf die hohen Schulden der Regierung zurück. "Das Problem ist, dass unsere Regierung das Wasser kostenlos abgibt." Die Regierung schulde den Stadträten von Harare, Masvingo und Bulawayo derzeit mehr als zehn Millionen, sieben Millionen beziehungsweise vier Millionen Dollar. "Das macht es uns unmöglich, die Wasserinfrastruktur zu reparieren", sagt er. (Ende/IPS/kb/2013)


Links:

http://icma.org/en/international/directory/Project/48/Urban_Councils_Association_of_Zimbabwe_UCAZ__National_Forum_for_Black_Public_Administrators_Resource
http://www.hrt.org.zw/index.php?option=com_content&view=article&id=3&Itemid=2
http://www.ipsnews.net/2013/01/turning-on-taps-a-risky-business-in-zimbabwe/

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IPS-Tagesdienst vom 31. Januar 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Februar 2013