Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → INTERNATIONALES

WASSER/153: Jeder Tropfen Wasser zählt - Geklärte Abwässer für die Landwirtschaft (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 11. September 2013

Entwicklung: Jeder Tropfen Wasser zählt - Geklärte Abwässer für Landwirtschaft

von Stephen Leahy


Bild: © Photostock

Dürregebiet in Sri Lanka
Bild: © Photostock

Uxbridge, Kanada, 11. September (IPS) - Dürre und chronischer Wassermangel haben nach Ansicht von Experten beim Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien und anderer Konflikte in Nahost eine signifikante Rolle gespielt. Die Nachfrage nach Wasser übersteigt in Regionen, in denen mehr als 40 Prozent der Weltbevölkerung leben, bereits jetzt das Angebot.

Laut einer neuen Studie könnte dieser Anteil im nächsten Jahrzehnt bereits auf 60 Prozent steigen. "Die wasserarmen Regionen bringen nicht genug Nahrung für ihre Bewohner hervor", warnt der Mitautor Manzoor Qadir von dem in Kanada ansässigen Institut für Wasser, Umwelt und Gesundheit der Universität der Vereinten Nationen (UNU-INWEH).

Etwa 70 Prozent des weltweit verfügbaren Süßwassers - in manchen Ländern sogar bis zu 95 Prozent - werden zur Bewässerung verwendet. Kommunen, Industriebetriebe und Landwirte treten bei der Nutzung der begehrten Ressource miteinander in Konkurrenz. Wie Qadir hervorhebt, gerät die Landwirtschaft vor allem in Gebieten mit Wasserknappheit zunehmend ins Hintertreffen.

Zwischen 2006 und 2011 waren bis zu 60 Prozent der Fläche Syriens von der bisher schlimmsten Dürre betroffen. Es kam zu einer Reihe von Missernten. 2009 berichteten die Vereinten Nationen, dass mehr als 600.000 Syrer durch die Trockenheit ihre Existenzgrundlagen verloren hatten und in die Städte geflohen waren.


Klimawandel lässt Mittelmeerregion austrocknen

Eine kürzlich verbreitete US-Studie belegt, dass die gesamte Mittelmeerregion eine anhaltende Dürre erlebt, die mit dem Klimawandel in Verbindung gebracht wird. Sollten die klimaschädlichen CO2-Emissionen nicht gedrosselt werden, drohen dort noch schlimmere und längere Trockenperioden.

Wenn das Frischwasser zur Neige geht, werden in vielen Regionen städtische Abwässer genutzt. Diese seien eine wertvolle Ressource, wenn sie richtig aufbereitet würden, heißt es in der Studie 'Global, Regional and Country Level Need for Data on Wastewater Generation, Treatment and Use', die am 5. September in der Fachzeitschrift 'Agricultural Water Management' veröffentlicht wurde.

Die Untersuchung befasst sich erstmals mit der Nutzung von Abwässern in 181 Ländern. Eine der wichtigsten Erkenntnisse besteht darin, dass nur in 55 Staaten verlässliche Daten vorliegen. Die Experten fanden heraus, dass Länder mit hohen Einkommen 70 Prozent ihrer Abwässer aufbereiten, während der Anteil der Staaten mit mittleren Einkommen nur bei 28 bis 38 Prozent liege. Und in den armen Ländern werden lediglich acht Prozent der Abwässer geklärt.

"Von den frühesten Zeiten an ist das meiste Abwasser vergeudet worden. Dennoch handelt es sich um eine wichtige Ressource, wenn wir sie richtig nutzen. Das bedeutet, dass wir städtische und industrielle Abwässer voneinander trennen müssen", sagte der Direktor von UNU-INWEH, Zafar Adeel.

Die jährliche Menge der potenziell auf der Welt verfügbaren Abwässer entspreche in etwa dem Wasservolumen, das in 14 Monaten aus dem Mississippi in den Golf von Mexiko fließe, erklärte Adeel. In armen trockenen Ländern werden Abwässer vor allem zur Bewässerung von Feldern verwendet. Schätzungen, auf die sich die Studie beruft, gehen von rund 300 Millionen Hektar Land aus, auf denen zehn Prozent der auf der Welt hergestellten Nahrung wachsen. Belastbare Daten gibt es dazu jedoch kaum.

So manches Land hütet ein 'schmutziges Geheimnis', weil ein großer Teil der in den Städten konsumierten Lebensmittel unter Einsatz ungeklärter Abwässer produziert wird. Behandeltes Abwasser wird andererseits als wertvoll erachtet, weil es viele Nährstoffe enthält, etwa Kaliumkarbonat, Stickstoff und Phosphor. Damit können Düngemittel eingespart werden. Wird dieses Wasser jedoch nicht geklärt, drohen Krankheiten wie Cholera. Nachdem Chile mehrere Cholera-Epidemien erlebt hatte, wurde die Verwendung ungeklärter Abwässer 1992 verboten.


Gefahr durch Magendarminfektionen

"Krankheiten können durch den Gebrauch von Abwässern ausbrechen", bestätigte Qadir. "Dies wird allerdings selten als Grund genannt." Das hängt unter anderem damit zusammen, dass es dazu erst wenige Untersuchungen gibt. Vor einigen Jahren stellten Qadir und seine Kollegen fest, dass Kinder in Mittelmeergebieten, die mit ungeklärten Abwässern produzierte Nahrung essen, besonders häufig an Magendarmerkrankungen leiden, die durch Erreger im Wasser übertragen werden.

In den 1990er Jahren wurden aus diesem Grund Obst- und Gemüseexporte aus Jordanien verboten. Das arabische Land arbeitet seitdem entschlossen daran, Kläranlagen zu verbessern und verbindliche Standards einzuführen. Laut Qadir nutzt Israel jeden Tropfen Abwasser und stellt dabei die Qualität sicher.

Dem Bericht zufolge sind an vielen privaten Häusern in Kalifornien graue und schwarze Wassersammelbehälter aufgestellt. Was durch die Dusche und die Geschirrspülmaschine fließt, wird im grauen Behälter aufgefangen und zum Rasensprengen verwendet. (Ende/IPS/ck/2013)


Links:

http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0378377413002163
http://inweh.unu.edu/rising-reuse-wastewater/
http://www.irinnews.org/report/85963/syria-drought-driving-farmers-to-the-cities
http://www.noaanews.noaa.gov/stories2011/20111027_drought.html
http://www.ipsnews.net/2013/09/dwindling-water-supplies-make-every-drop-count/

© IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH

*

Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 11. September 2013
IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 / 54 81 45 31, Fax: 030 / 54 82 26 25
E-Mail: contact@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. September 2013