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FINANZEN/019: Hilfen für arme Länder - Bricht die "Klimakanzlerin" ihr Versprechen" (Greenpeace)


Greenpeace - Presseerklärung vom 7. Juni 2010

Klimahilfen für arme Länder: Bricht die "Klimakanzlerin" ihr Versprechen?

Umwelt- und Entwicklungsverbände fordern Einhaltung der Kopenhagen- Zusagen


Berlin, 6.6.2010. Angesichts der angespannten Haushaltslage will die Bundesregierung entgegen ihrer internationalen Zusagen im Haushalt 2011 offenbar kein zusätzliches Geld mehr für Klimaschutz und Anpassung an die Folgen des Klimawandels in Entwicklungsländern bereitstellen. Das ergaben Recherchen der Umweltverbände Germanwatch, Greenpeace, Oxfam und WWF. Die Entscheidung soll am heutigen Sonntag in einer Kabinettsklausur fallen. Bliebe es dabei, würde Bundeskanzlerin Angela Merkel damit ihr bei der Klimakonferenz in Kopenhagen im vergangenen Dezember gegebenes Versprechen brechen, mit "neuen und zusätzlichen Mitteln" ärmere Länder darin zu unterstützen, ihre CO2-Emissionen zu senken und Schutzmassnahmen gegen die Folgen des Klimawandels zu finanzieren.

In einem gemeinsamen Appell fordern die Umwelt- und Entwicklungsverbände die Bundeskanzlerin auf, ihr Versprechen einzuhalten: "Wenn die Kanzlerin ihr Wort bricht,sendet sie ein fatales Signal an die derzeit in Bonn tagende Klimakonferenz. Deutschland muss zu seinen Zusagen stehen, anstatt sich durch Rechentricks aus der Affäre zu ziehen versuchen. Sonst wird das seit Kopenhagen ohnehin strapazierte Vertrauensverhältnis zu den armen und vom Klimawandel stark betroffenen Ländern weiter beschädigt", erklärten die Verbände in Berlin.

In der Umsetzung ihrer Zusage tat sich die Bundesregierung von Anfang an schwer. Von den im Haushalt 2010 für die Erfüllung der Kopenhagen-Zusage zunächst eingestellten 350 Mio. Euro sind nur 70 Mio. Euro tatsächlich "frisches" Geld. Der Rest wird durch Anrechnen alter Zusagen und bestehender Mittel bestritten. Sollten nun wie geplant für 2011 diese 70 Mio. Euro gestrichen werden, enthält der Haushalt 2011 keinerlei neue und zusätzliche Klimagelder mehr. Die Kopenhagen-Zusage der Kanzlerin würde dann komplett aus alten Zusagen zusammengestückelt.

"Wer sich Klimakanzlerin nennen lässt, darf nicht still und heimlich versprochene Klimahilfen streichen und sie dann durch Rechentricks wieder ausgleichen, nur damit auf dem Papier nachher die richtige Zahl steht", so die Verbände.

Die Organisationen haben drei Stellen ausfindig gemacht, an denen die Bundesregierung ihr Kopenhagen-Versprechen zu brechen droht: Erstens sollen die 70 Mio. Euro "frisches" Geld 2011 nicht mehr zur Verfügung stehen. Um diesen Schritt rechnerisch auszugleichen, sollen zweitens bei verbilligten Klima-Krediten der Weltbank nicht die deutschen Beiträge zu diesen Krediten, sondern die vollen Kreditsummen angerechnet werden. Damit würde Deutschland Geld als Klimahilfe deklarieren, das die Entwicklungsländer später aber zurückzahlen müssen. Drittens hat die Bundesregierung zwar mehrfach 350 Mio. Euro für internationalen Waldschutz zugesagt, jetzt aber soll diese Zusage nicht als konkrete Verpflichtung international festgeschrieben werden.

In Kopenhagen hatten die Industrieländer erklärt, von 2010 bis 2013 insgesamt 30 Milliarden Dollar "neue und zusätzliche Mittel" als Soforthilfe für Klimamassnahmen in Entwicklungsländern bereit zu stellen. Die EU bezifferte ihren Anteil daran auf 7,2 Milliarden Euro, wovon Deutschland 1,26 Milliarden Euro tragen wollte.


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Quelle:
Presseerklärung, 07.06.2010
Herausgeber: Greenpeace e.V., Pressestelle
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Juni 2010