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FORSCHUNG/331: Projekt AdaptAlp - Klimatische Veränderungen im Alpenraum, Anpassungsstrategien (idw)


Europäische Akademie Bozen - European Academy Bozen/Bolzano - 24.03.2010

Bäume - aufschlussreiche Zeugen vergangener Naturereignisse

Forscher stellen bei AdaptAlp-Treffen an der Europäischen Akademie Bozen Projekte zur Anpassung an den Klimawandel im Alpenraum vor


Das südlichste Korallenriff der Welt, das Great Barrier Riff, hat wegen des Anstiegs der Wassertemperatur erstmals seine bunte Farbenpracht eingebüßt; gefährliche Sandstürme toben durch China und bedrohen Millionen von Menschen; in Deutschland haben ungewöhnlich viele Fische, Frösche und Bienen aufgrund der langen Kälteperiode diesen Winter nicht überlebt. Das Klima der Erde verändert sich. Der Alpenraum ist als höchst sensibles und komplexes Ökosystem umso mehr von ansteigenden Temperaturen und veränderten Niederschlagsverhältnissen betroffen. Die Folge sind Auswirkungen auf die Erosion von Fels und Boden, sowie auch auf die Entstehung von Hochwassern, Muren oder Lawinen. Die verstärkte Nutzung der Berggebiete steigert zusätzlich die Bedrohung durch Naturgefahren für die Menschen, die sich in den Alpen aufhalten und dort leben. Am 16. März hat an der Europäischen Akademie Bozen (EURAC) ein Treffen aller AdaptAlp-Partner stattgefunden. Das transnationale Projekt AdaptAlp erforscht die Auswirkungen klimatischer Veränderungen im Alpenraum. Experten aus ganz Europa arbeiten im Rahmen des Projekts zusammen und entwickeln Strategien, wie auf einen Klimawandel im Alpenraum nachhaltig reagiert werden kann, um Menschenleben, den Lebensraum und Infrastruktur zu schützen.

Die Wissenschaftlerin Barbara Mayer hat bei dem AdaptAlp-Treffen an der EURAC erste Zwischenergebnisse eines dendrogeomorphologischen Projekts vorgestellt. Die Dendrogeomorphologie mit der Analyse von Jahresringen an Bäumen und sammelt darauf aufbauend Daten und Charakteristiken von Naturereignissen, die den Wuchs der Bäume sichtbar beeinflusst haben.

In einem eingegrenzten Testgebiet im Tiroler Pertisau am Achensee sammelte die Forscherin von Mai bis Dezember 2009 entlang eines Wildbachs rund 230 Proben von Bäumen, die durch Murgänge beschädigt worden waren. Ziel dieses Forschungsprojekts ist es, die Murgang- und Wildbachereignisse zu rekonstruieren, die das betreffende Gebiet in der Vergangenheit heimgesucht haben. Kraft der Jahresringanalyse sollen Rückschlüsse gezogen werden, in welchem Maße der Klimawandel Murgänge beeinflusst. In einem weiteren Schritt sollen die Datenpools zu den vergangenen Ereignissen laufend ergänzt werden und als Grundlage für zukünftige Richtlinien und Anpassungsstrategien in den betroffenen Gebieten dienen.

Doch wie muss man sich eine solche Forschung konkret vorstellen? "Wir fällen keine Bäume, sondern arbeiten mit so genannten Zuwachsbohrern. Damit entnehmen wir den Baumstämmen kleine runde Proben", erklärt die Dendrogeomorphologin Barbara Mayer. Die Bäume, die sie anbohrt, sind bis zu 280 Jahre alt. Dementsprechend umfassend und weit zurückreichend sind auch die Informationen, die sich aus den Baumproben herauslesen lassen. Bevor die Proben jedoch unter die Lupe genommen werden, analysiert die Forscherin die Umgebung der Bäume und so genannte Referenzbäume und schließt alle Einflüsse aus, die nicht Murgängen zuzuschreiben sind. Dazu gehören beispielsweise Insektenepidemien. Daraufhin können anhand der Jahresringe auf den Baumproben entscheidende Informationen abgeleitet werden: Wann und wo Murgänge stattgefunden haben; wie oft sie stattgefunden haben; ob die Häufigkeit zugenommen hat; wie groß die Ereignisse waren. Denn jedes Naturereignis beeinflusst auf bestimmte Weise den Wuchs der betroffenen Bäume, zeigt sich auch in den Jahresringen und kann von den Wissenschaftlern entschlüsselt werden. Mayer stellt fest: "Die Frequenz von Murgängen hat zugenommen. Es gibt deutlich mehr Ereignisse in letzter Zeit. Ob dies maßgeblich dem Klimawandel zuzuschreiben ist, können wir aber noch nicht eindeutig sagen." Analysen weiterer Testgebiete sind geplant, die zusätzliche Rückschlüsse auf den Einfluss des Klimawandels auf wasserbezogene Naturgefahren untermauern und Maßnahmen zum nachhaltigen Schutz vor den Schäden durch Murgänge verbessern sollen.

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Europäische Akademie Bozen - European Academy Bozen/Bolzano,
Stefanie Gius, 24.03.2010
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. März 2010