Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → KLIMA

UNO/049: Klimakonferenz COP14 in Poznan - ein wichtiger Zwischenschritt (UFZ-Newsletter)


Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH - UFZ
UFZ-Newsletter März 2009

COP14 IN POZNAN - EIN WICHTIGER ZWISCHENSCHRITT FÜR EINE NEUE KLIMAARCHITEKTUR


Zähe, ergebnislose Verhandlungen in Poznan. Die Welt weit weg von einer gemeinsamen Vision im Klimaschutz, die Klimaverhandlungen in Kopenhagen Ende 2009 gefährdet und damit keine Einigung auf verbindliche Ziele bei der Emissionsminderung in der Zeit nach 2012? Wer sich die internationale Klimapolitik als stetige Fortschreibung des Kyoto-Protokolls vorstellt, muss verzweifeln, denn die Weltgemeinschaft ist in Poznan keinen Schritt auf diesem Weg vorangekommen. Es herrschte eher das Gefühl, dass sie wieder an Punkte zurückkehrte, an denen sie bereits vor gut zehn Jahren in Kyoto gestanden hat. Trotzdem hatten Verhandelnde und Teilnehmer eher das Gefühl, vor etwas großem Neuen zu stehen. Wie ist das möglich? Poznan - kein Klima zum Verhandeln? Zunächst ist festzuhalten, dass die Tagung in Poznan unter denkbar schwierigen Bedingungen stattfand. Die USA, noch mit alter Verhandlungsdelegation, die sich nur "passiv interessiert" zeigte. Die EU, uneins über ihr Klimapaket 2020 und überraschend bereit, ihre Klimaführerschaft in der Welt für Partikularinteressen der Industrie zu opfern. Australien, der Hoffnungsträger und Mittler von Bali, verstrickt in den inneren Widersprüchen eines Landes, das zehn Jahre lang einfach nur weggeschaut hat und sich jetzt schwer tut, Europa in kurzer Zeit zu folgen. Und dann natürlich die üblichen Verdächtigen: Russland, auf Zeit spielend in der Hoffnung, dass es wie schon in Kyoto ohne konkrete Zusagen auch in Kopenhagen "heiße Luft" gewinnen könne. Saudi-Arabien, das mit über dreißig Delegierten anreiste, für die offenbar die einzige Vorgabe hieß: Kein Verhandlungsergebnis ist das beste Verhandlungsergebnis. Aber es gab auch positive Beispiele in Poznan: China mit starken Zielen beim Umbau seines Energiesystems in den nächsten zehn Jahren; Ägypten und Libanon, die endlich verstehen, was für sie beim Klimawandel auf dem Spiel steht. Und Indien, das sich mit klarem Gestaltungswillen selbstbewusst in die Verhandlungen auf allen Ebenen einbrachte. Poznan - Weggabelung zu einer neuen Klimaarchitektur Obwohl in der Substanz nur kleine oder keine Fortschritte in Poznan erreicht wurden, bleibt das Gefühl, dass die dort verhandelnden Länder in ihrer großen Mehrheit den Ernst der Lage und die Notwendigkeit von tiefen Einschnitten in Kopenhagen erkannt haben. Woher der Optimismus? Zum einen von den Hoffnungen der G8-Treffen in Heiligendamm und Toyaku und dem klaren Bekenntnis, dass tiefe Einschnitte beim CO2-Ausstoß gegenüber 1990 und weltweit notwendig sind. Zum anderen durch den Wahlsieg von Barack Obama und die "Wiedergeburt" der USA als klimapolitischer Protagonist. Diese Entwicklungen markieren den Übergang zu einer neuen weltweiten Klimaarchitektur. Das Kennzeichen dieser "Post-Kyoto-Architektur" sind langfristige Ziele unter Beteiligung der großen Emittenten in den Entwicklungsländern. Die Fortführung des Kyoto-Protokolls in die Phase 2013-2018 war konsequenterweise daher fast ein Nebengleis der Verhandlungen in Poznan. Alles ging um die "gemeinsame Vision" eines Post-Kyoto-Abkommens, dem auch die USA und andere Länder beitreten können. Selbst die EU erklärte, dass sie die Zusagen im Rahmen der Kyoto-Plus-Verhandlungen eng an die Struktur und Festlegungen in der "gemeinsamen Vision" heften werde. Die Konturen dieser neuen Architektur der Klimapolitik wurden in Poznan deutlich: Erstens, die Industrieländer verpflichten sich zu tiefen Einschnitten bei ihren Treibhausgasemissionen. Zweitens, die großen Emittenten unter den Entwicklungsländern verpflichten sich zu "nationalen Aktionsplänen" beim Klimaschutz, die zu einer deutlichen Abweichung vom 'business as usual' führen, wenn die Industrieländer dafür umfangreiche finanzielle Hilfspakete zur Verfügung stellen. Die ärmsten Länder dieser Welt und die am schwersten vom Klimawandel betroffenen Länder erhalten zusätzliche Finanzhilfen der UN, um sich gegen die Folgen des Klimawandels zu schützen, wobei der größte Teil der Mittel durch die Versteigerung von Zertifikaten bereit gestellt wird. In Poznan ist aus meiner Sicht der Weg zu einem Abkommen ein geschlagen worden, das das Kyoto-Protokoll eines Tages würdig ablösen wird. Das Gefühl, das viele Teilnehmer hatten, "wieder ganz am Anfang zu stehen", trügt daher nicht. Wir stehen vor einem neuen Anfang - mit anderen Akteurskonstellationen auf unterschiedlichen Ebenen der Verhandlung. Poznan war insofern der Ort, um sich neu zu sortieren. Es war ein wichtiger Zwischenschritt auf dem Weg in eine neue Post-Kyoto-Architektur. Reimund Schwarze


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

• Prof. Reimund Schwarze lehrt Finanzwissenschaft und Umweltökonomie an der Universität Innsbruck. Seit Oktober 2007 arbeitet er am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ im Bereich "Ökonomie des Klimawandels". Anfang 2008 wurde er in die deutsche Delegation für das China-Deutschland-Forum für Klimaschutz und Energie berufen.

Telefon: 0341/235-1607
e-mail: reimund.schwarze@ufz.de

• Klimakonferenz der Vereinten Nationen im Dezember 2008 im polnischen Poznan (Foto: Dietrich Borst)


*


Quelle:
UFZ-Newsletter März 2009, S. 10
Herausgeber:
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH - UFZ
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Permoserstraße 15, 04318 Leipzig
Tel.: 0341/235-1269, Fax: 0341/235-1468
E-mail: info@ufz.de
Internet: www.ufz.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. März 2009