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ANBAU/119: Arganöl aus Marokko - traditionelle Bewirtschaftung in Gefahr (Naturschutz heute)


NATURSCHUTZ heute - Heft 3/09
Mitgliedermagazin des Naturschutzbundes (NABU) e.V.

Edel und rar - Arganöl aus Marokko

Von Bernd Pieper


Die Herrschaft des Sonnenblumenöls, mit dem Küchenchefs sowohl Schnitzel brieten als auch Salate genießbar machten, ist lange vorüber. Heute sind mindestens drei Sorten kaltgepressten Olivenöls Pflicht in jeder Gourmet-Küche. Je nach kulinarischer Feinsinnigkeit wird dieser bei Geburt getrennte Bruder des Alceto Balsamico noch durch Kürbiskern-, Sesam- oder Walnussöl ergänzt.

Gibt man bei Google jedoch den Suchbegriff "Gourmet-Speiseöl" ein, erhält man auf den ersten Seiten neuerdings nur eine Antwort: Arganöl aus Marokko, genauer aus einem rund 820.000 Hektar großen Gebiet am Rande der Sahara im Südwesten des Landes. Nur dort wächst der widerstandsfähige Arganbaum. Sein hartes, als Baumaterial geschätztes Holz hat ihm die Bezeichnung "Eisenbaum" eingebracht. Für mehr als drei Millionen Menschen ist der Wald Lebensgrundlage und Einkommensquelle. Aber nicht nur sozioökonomisch, sondern auch ökologisch spielt die Region eine wichtige Rolle: Die Bäume verhindern, dass sich die Wüste weiter ausdehnt. Die Unesco hat den Arganwald deshalb zum Biospharenreservat und zum Weltkulturerbe erklärt.


800 Jahre Tradition

Arganöl boomt erst seit etwa fünf Jahren auf dem Weltmarkt, wird aber schon seit über 800 Jahren auf traditionelle Art gewonnen. Kleinbauern, vor allem Frauen, sammeln die harten Nüsse im Sommer, brechen sie dann mit Hilfe von Steinen auf, um aus den Kernen in 24- stündiger Handpressung das Öl zu gewinnen. Die Ausbeute ist im Verhältnis zur Fruchtgröße und zum Aufwand sehr gering: Je nach Sorte sind 30 bis 50 Kilogramm Früchte nötig, um einen Liter Arganöl zu gewinnen.

Doch die traditionelle Bewirtschaftung wird zunehmend verdrängt von Großbauern. Seit Weltbank und IWF dazu drängten, Subventionen und Importschranken abzubauen, hat Marokko den Agrarsektor liberalisiert. Anstatt Arganwald gedeiht nun vielerorts Gemüse, vor allem Tomaten und Zitrusfrüchte. Die brauchen viel Wasser, weshalb wiederum Staudämme errichtet wurden, die nun den Kleinbauern weitere Probleme verursachen: Quellen versiegen, Böden trocknen aus, die Ernte fällt immer dürftiger aus.


Die Wälder schrumpfen

Für die Arganbäume hat die extensive Plantagenwirtschaft verheerende Folgen, es kommt zum Baumsterben. Zwar werden Arganbäume aufgeforstet, doch dauert es zehn Jahre, bis sie erste Früchte tragen. Es ist in Wettlauf gegen die Zeit, jährlich schrumpft der Wald um etwa 600 Hektar.

Örtliche Kleinbauern, deren Familieneinkommen zum Großteil vom Ertrag der Arganbäume abhängt, schließen sich deshalb zunehmend Gewerkschaften und Kooperativen an, protestieren gegen die schlechten Arbeitsbedingungen in den Großplantagen, Raubbau und die staatliche Politik. Derweil fließt ein großer Teil der staatlichen und internationalen Investitionen in den Bau von Staudämmen und Bewässerungssystemen, die vor allem reicheren Landwirten nutzen und die Bedingungen der traditionell wirtschaftenden Kleinbauern weiter verschlechtern.


Für Kosmetik und Speisen

Und das Arganöl wird immer kostbarer, denn Fachleute schreiben ihm wahre Wundereigenschaften zu. Das klare, beinahe geruchsneutrale Öl aus ungerösteten Samen wird für Kosmetik verwendet. Es soll entzündungshemmend ebenso wie wundheilend wirken und sogar die Haut verjüngen. Das dunkle, intensiv nussige Öl aus gerösteten Samen gilt bei vielen Gourmets als das beste Speiseöl überhaupt. Doch der weltweite Erfolg von Arganprodukten hat aus ökologischer Sicht seine Schattenseiten: Fachleute sehen die Region langfristig von Versteppung bedroht.

Einige versuchen nun gegenzusteuern, denn sie haben den ökologischen und sozialökonomischen Wert der Arganbäume erkannt. So hat die Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) ein Konzept zur nachhaltigen Bewirtschaftung der Arganwälder und besseren Vermarktung des Arganöls ins Leben gerufen. Dies wird vor allem den Frauen zugute kommen, die sich in der Union des Coopératives des Femmes de l'Arganeraie in 22 Kooperativen zusammengeschlossen haben, um handgepresstes Bio-Arganöl herzustellen und zu vermarkten.


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Quelle:
Naturschutz heute - Heft 3/09, S. 38
http://www.nabu.de/nabu/nh/2009/3/11333.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. November 2009