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AGRARINDUSTRIE/117: Die größte Güllelagune auf dem Globus (BBU WASSER-RUNDBRIEF)


BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 1055, vom 17. Jan. 2015 - 34. Jahrgang

regioWASSER e.V. - Freiburger Arbeitskreis Wasser im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU)

Zum Gruseln: Die größte Güllelagune auf dem Globus


Die angeblich größte Güllelagune der Welt kann man jetzt auf YouTube bewundern: Mit Hilfe einer Drohne hat ein Dokumentarfilmer im US-Bundesstaat North Carolina "verstörende Aufnahmen" gemacht. Tausende Schweinemastbetriebe versprühen im US-amerikanischen "Schweinegürtel" die Gülle in die Luft, um so die riesigen Güllelagunen vor dem Überlaufen zu bewahren. Das Versprühen der Gülle mit leistungsstarken Bewässerungskanonen soll offenbar die Verdunstung fördern. Beim Versprühen werden aber auch Mikroorganismen, Ammoniak und Aerosole mit weiteren Gülleschadstoffen weiträumig verfrachtet. Betroffene Nachbarn in der Nähe berichten in dem YouTube-Video davon, dass ein konstanter Nieselregen aus Gülle es nicht einmal erlaubt, Wäsche aufzuhängen. Der Dokumentarfilmer Mark Devries hat eine der Mastanlagen von "MURPHY BROWN LLC" mit einer Drohne überflogen. Bei dem Betrieb handelt es sich, um eine Tochtergesellschaft des weltweit größten Schweinefleischproduzenten SMITHFIELD FOODS. In den riesigen Schweinemastfabriken werden die Tiere auf engstem Raum gemästet. Das Futter wird automatisch zugeteilt und die Ausscheidungen werden von den Ställen direkt in die noch riesigeren Güllelagunen geleitet. Neben der Luftverschmutzung bergen die Gülle-Seen ein weiteres Risiko: Bricht ein Damm oder laufen die Jauchegruben über, bahnen sich Tausende Kubikmeter der gefährlichen Brühe ihren Weg in Flüsse und ins Grundwasser.

Viele Schweinemäster in North Carolina sind inzwischen Lohnmäster und abhängig von den großen Fleischkonzernen. Um die Investitionen in die immer "effizientere" Schweinemastbetriebe stemmen zu können, sind viele der Farmer hochverschuldet. Geld für eine umweltgerechte Gülleverwertung ist da nicht mehr übrig. Demzufolge sparen die Lohnmäster u.a. auch an der Berst- und Überlaufsicherheit ihrer Güllelagunen. In nur zwei Wochen wurden die beeindruckenden Luftaufnahmen auf YouTube über 1,5 Millionen Mal angesehen. Wer sich auch mal Gruseln will, kann das deutschsprachige Kurzvideo unter [1] anschauen.

TTIP: North Carolina setzt die Maßstäbe

Bei den TTIP-Verhandlungen geht es nicht darum, Standards für eine tier-, menschen-, natur- und grundwasserverträgliche Tierhaltung zu setzen. Öko- und Sozialklimbim gehören nicht zum Verhandlungsmandat der EU-Kommission. Die Bundesregierung, die sich ach so sehr um das Wohlergehen der kleinen Landwirte sorgt, hat auch nichts unternommen, um die EU-Kommission zu veranlassen, in den Verhandlungen mit den USA, unter dem Motto "Fair-Trade" Standards für eine verantwortbare Landwirtschaft durchzusetzen. Weltmarktorientierung durch internationale Wettbewerbsfähigkeit ist angesagt. Nach dem Motto "Wachsen oder Weichen" wird TTIP dafür sorgen, dass die großindustrielle Schweinemast in North Carolina auch die Maßstäbe für die Tierhaltung in der EU setzen wird. Die riesigen Mastbetriebe in den "Güllegürteln" von Niedersachsen und NRW sowie in Ostdeutschland sind bereits auf dem besten Wege, mit North Carolina gleichzuziehen. -ng-

Der Weg zum englisch sprachigen Trailer des ausführlichen Dokumentarfilms "SPECIES-ism - The Movie" ("You'll never look at animals the same way again"):
http://speciesismthemovie.com/

Bliebe noch anzumerken, dass bei der Großdemo "Wir haben es satt!" am 17.01.15 in Berlin u.a. kritisiert wurde, dass die Landwirtschaftpolitik in Deutschland und in der EU dafür gesorgt hat, dass seit dem Jahr 2000 mehr als Dreiviertel der SchweinehalterInnen hierzulande aufgegeben haben, während Fleischkonzerne zunehmend die Tierhaltung übernähmen. Trotz eines Selbstversorgungsgrades mit Fleisch von 120 Prozent würden im Rahmen der politisch gewollten Exportausrichtung der deutschen Landwirtschaft weitere Mega-Ställe in Deutschland genehmigt.


TTIP: Ak Wasser schreibt an die CDU/CSU-Landwirtschaftsexperten

Mit Hinweis auf das oben stehenden "Gülle-Lagunen-Video" haben wir am 15.01.14 an die beiden Landwirtschaftsfachleute der CDU/CSU-Bundestagsfraktion geschrieben.

"Sehr geehrter Herr Holzenkamp,
sehr geehrter Herr Röring

gut, dass Sie und die CDU/CSU im Hinblick auf die TTIP-Verhandlungen auf die Einhaltung einer strikten Herkunftskennzeichnung hinwirken wollen. Damit wollen Sie - lt. Ihrer heutigen Medienmitteilung - deutsche Verbraucherschutz- und Qualitätsstandards absichern. Das wird angesichts der in den TTIP-Verhandlungen angestrebten Weltmarkt- und Wettbewerbsorientierung der Landwirtschaft in Deutschland und in der EU - trotz der Wahrung von eindeutigen Herkunftskennzeichnungen - nicht zu gewährleisten sein.

Nach den TTIP-Zielsetzungen sollen möglichst alle nichttarifären Handelshemmnisse eingeebnet werden. Dann wird sich die Landwirtschaft in der EU endgültig an der großindustriellen Produktionsweise der US-Landwirtschaft ausrichten müssen! Wie der nachstehende Hinweis aus der nächsten Ausgabe unseres BBU-WASSER-RUNDBRIEFS aufzeigt, sind bei der großindustriellen Schweineproduktion in den USA alle Standards für den Tier- und Umweltschutz bereits unter die Räder geraten. TTIP wird dafür sorgen, dass die Landwirte in Deutschland und in der EU noch stärker in den Sog einer Produktionsweise geraten werden, die sicher auch die CDU/CSU nicht gutheißen kann.

Wir würden es sehr begrüßen, wenn sich die CDU/CSU nicht nur für die Wahrung von stringenten Herkunftskennzeichnungen einsetzen würde. Notwendig wäre ein Einsatz dahingehend, dass in den TTIP-Verhandlungen substanzielle Tier- und Umweltschutzstandards für die Landwirtschaft auf beiden Seiten des Atlantiks verankert werden. Bei Schritten in diese Richtung werden wir Sie gerne unterstützen."

Güllelager - Ak Wasser im BBU schreibt an Länderumweltminister

Im RUNDBR. 1049/3-4 war darauf aufmerksam gemacht worden, dass es auch in Deutschland mit der Sicherheit der Anlagen zu Lagerung von Gülle, Jauche und Silage ("JGS-Anlagen") nicht zum Besten bestellt ist. Das Bundeslandwirtschaftsministerium will - als geschäftsführender Ausschuss der Funktionärskaste im Deutschen Bauernverband - die JGS-Anlagen aus der Verordnung zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (Anlagen-Verordnung, AwSV) heraushalten. Aufgrund des hinhaltenden Widerstands des Bundeslandwirtschaftsministeriums kann die AwSV seit bald einem Dreivierteljahr nicht in Kraft gesetzt werden, obwohl der Bundesrat bereits im Mai 2014 der AwSV vorbehaltlos zugestimmt hatte.

Wir hatten uns deshalb am 28. Nov. 2014 in einem Brief an die Länderumwelt- und die LänderlandwirtschaftsministerInnen gewandt und die MinisterInnen gebeten, dem Blockadekurs des Bundeslandwirtschaftsministers, Christian Schmidt, entgegen zu treten. Da für die 3. Kalenderwoche 2015 ein Gespräch der Staatssekretäre aus den Länderlandwirtschaftsministerien mit dem Bundeslandwirtschaftsminister angesetzt war, haben wir am 10. Jan. 2015 erneut ein Schreiben an die Länderminister gerichtet - u.a. mit folgender Bitte:

"Wir wären Ihnen sehr dankbar, wenn Ihr Bundesland diese Gelegenheit nutzen würde, um noch ein Mal gegenüber dem BMEL zu unterstreichen, dass sich auch die JGS-Anlagen an den Grundwasserschutz-Prämissen der AwSV messen lassen müssen."

Ak Wasser: Länderminister sollen Düngeverordnung nachschärfen

In dem zuvor genannten Schreiben haben wir die Länderumwelt- und -landwirtschaftsministerInnen zudem gebeten, aufgrund der Mängel im Entwurf zur Neufassung der Düngeverordnung (s. RUNDBR. 1051) sich gegenüber dem Bundeslandwirtschaftsministerium für Nachbesserungen des Novellenentwurfs einzusetzen. U.a. hatten wir die Länderminister auf erste Kommentierungen aus Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen hingewiesen:

"Ihre Amtskollegin aus Rheinland-Pfalz hat in einer ersten Stellungnahme zu Recht darauf hingewiesen, dass die zahlreichen Ausnahmeregelungen und Fristverlängerungen im Novellenentwurf dazu führen werden, dass die Düngeverordnung nicht dabei behilflich sein wird, den zweiten Bewirtschaftungszyklus nach der EG-WRRL zu unterstützen. Die Düngeverordnung ist deshalb kein wirksamer Beitrag, dass der "gute chemische Zustand" in vielen, stark mit Nitrat belasteten Grundwasserkörpern bis 2021 erreicht werden kann. Ihr Amtskollege in NRW hat verdeutlicht, dass darüber hinaus das Düngegesetz ebenfalls novelliert werden muss, damit rechtssicher die nährstoffträchtigen Substrate aus den Biogasanlagen reglementiert werden können. Zudem hat Herr Remmel betont, dass auch endlich einmal über eine grundwasserverträgliche Flächenbindung des Tierbestandes nachgedacht werden muss! Wie unterstützen dieses Anliegen ausdrücklich."


[1] http://www.focus.de/panorama/videos/groesste-jauchegrube-der-welt-eine-drohne-fliegt-ueber-eine-schweinefarm-und-filmt-verstoerendes_id_4379492.html?fbc=fb-shares

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Quelle:
BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 1055
Herausgeber:
regioWASSER e.V. - Freiburger Arbeitskreis Wasser
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© Freiburger Ak Wasser im BBU


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. März 2015

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