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POLITIK/411: Agrarminister Meyer fordert Verschärfung des Pflanzenschutzgesetzes (NMELV)


Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - 24. Juni 2015

Agrarminister Meyer: Pflanzenschutzgesetz verschärfen

"Zulassungen gehören auf den Prüfstand" - Land ordnet firmenunabhängige Sachkunde-Schulungen an


HANNOVER. Nach jüngsten Berichten über erhebliche Pestizidrückstände im Grundwasser fordert Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer eine Verschärfung des Pflanzenschutzgesetzes. "Wir müssen die Erkenntnisse des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz und die Warnungen der Wasserversorger ernst nehmen", sagte Meyer. Die Zulassung von Pestiziden gehöre auf den Prüfstand. "Der Bund darf sich hier nicht wegducken und beschwichtigen. Es kann nicht sein, dass für billige Lebensmittel, Grenzwerte nicht eingehalten werden. Denn Wasser vergisst nicht. Was wir ihm heute antun, müssen künftige Generationen ausbaden."

Der Minister wies in dem Zusammenhang darauf hin, "dass das Land dort, wo es eigene Zuständigkeiten hat, bereits gehandelt hat": Per Erlass gebe es aus Vorsorgegründen bis auf weiteres keine Ausnahmegenehmigungen für den Einsatz des Wirkstoffes Glyphosat auf nicht-landwirtschaftlichen Flächen. Auch in der Landwirtschaft sorge das Land erstmals für Schulungen, die von der Chemieindustrie unabhängig seien. "Wir haben verfügt, dass die Sachkunde-Schulungen im Pflanzenschutz nicht mehr von Fachleuten vorgenommen werden dürfen, die gleichzeitig in wirtschaftlicher Abhängigkeit von Pestizid-Herstellern stehen. "Nur so ist eine neutrale und unabhängige Schulung mit Hinweisen auf alternative Wirkstoffe möglich", sagte Meyer.

Der Niedersächsische Landesbetrieb, kurz NLWKN, hat für seine Studie "Themenbericht Pflanzenschutzmittel" Daten von 1989 bis 2013 ausgewertet und dabei Wirkstoffe und Abbauprodukte, sogenannte Metaboliten, im Grundwasser untersucht. Neben seit Jahren nicht mehr zugelassenen Wirkstoffen, wurden auch zugelassene Wirkstoffe wie Bentazon, Metalaxyl und Isoproturon nachgewiesen, die in Unkrautvernichtungsmitteln vorkommen. Dazu Meyer: "Gerade weil solche Wirkstoffe in Deutschland zugelassen sind, wäre es umso dringender, die Lizenzen genauer unter die Lupe zu nehmen. Wir dürfen nicht billigend Belastungen für das Wasser in Kauf nehmen, die teilweise über die Grenzwerte gehen."

Meyer erinnerte an den Beschluss der Verbraucherschutzministerkonferenz (VSMK) Anfang Mai dieses Jahres, den Einsatz des Wirkstoffes Glyphosat deutlich einzuschränken. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hatte den Stoff kürzlich als "wahrscheinlich krebserregend für den Menschen" eingestuft. "Dennoch duckt Bundesagrarminister Christian Schmidt sich weg und weigert sich, diese Ergebnisse in die Ende des Jahres zu erneuernde Zulassungsprüfung von Glyphosat ernsthaft einzubeziehen." Anders als Frankreich beabsichtige Schmidt zudem nicht, den Verkauf gefährlicher Pestizide an Privatpersonen zu verbieten, obwohl das die VSMK parteiübergreifend gefordert habe. "Das ist fahrlässig und gefährlich", so Meyer.

Die zuständige Zulassungsbehörde für Pflanzenschutzmittel in Deutschland ist das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), gesetzliche Grundlage für den Umgang mit Pestiziden ist das Pflanzenschutzgesetz. Demnach sollen Gefahren abgewendet werden, "die durch die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln oder durch andere Maßnahmen des Pflanzenschutzes, insbesondere für die Gesundheit von Mensch und Tier und für den Naturhaushalt entstehen können". Das lasse nur einen Schluss zu, so Meyer: "Der Bund muss zügig handeln. Ansonsten setzt er fahrlässig die per Gesetz angestrebte Gesundheit von Mensch und Tier aufs Spiel." Sorge bereitet dem Minister, dass laut BVL der Verkauf von Pestiziden binnen 20 Jahren um die Hälfte zugenommen hat - von rund 29.000 Tonnen im Jahr 1993 auf etwa 44.000 Tonnen im Jahr 2013. "Wenn wir so weitermachen, ist die heutige Qualität des Grundwassers in Zukunft kaum sicherzustellen", so Meyer.

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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 64/15, 24.06.2015
Nds. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Juni 2015

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