Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → LANDWIRTSCHAFT

RECHT/053: Neue Regelungen im Immissionsschutzrecht bei Stallbauten (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 331 - März 2010,
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Geruch, Staub, Stickstoff, Keime und Filter
Neue Regelungen im Immissionsschutzrecht sind bei Stallbauten zu beachten

Von Knut Haverkamp


Neue gesetzliche Bestimmungen im Immissionsschutzrecht sind seit kurzem in Kraft bzw. werden demnächst wirksam werden. Im Widerstand gegen den Bau von Agrarfabriken, die nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigt werden müssen, aber auch bei Stallbauten landwirtschaftlicher Betriebe sind diese von großer Bedeutung.


Geruch

Die neue Geruchs-Immissionsrichtlinie (GIRL) vom Oktober 2008 ist in vielen Bundesländern im vergangenen Jahr mittels Ministerialerlass zu einer verbindlichen Verwaltungsvorschrift für Genehmigungsverfahren nach Paragraph 4 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) erklärt worden. Für nicht genehmigungsbedürftige Anlagen kann die GIRL sinngemäß angewandt werden. Die Geruchsemissionen aus Tierhaltungsanlagen werden hinsichtlich ihres Belästigungspotentials unterschiedlich beurteilt. Mit den "tierartspezifischen Gewichtungsfaktoren" werden Rinderhaltungen als am wenigsten belästigend eingestuft (Faktor 0,5), während die Geflügelmast mit dem Faktor 1,5 eine deutliche Beaufschlagung bekommt. Die Schweinehaltung belegt das Mittelfeld.

Umliegende Wohnbebauungen dürfen nicht über einen bestimmten Grad (10 Prozent bzw. 15 Prozent der Jahresstunden) hinaus mit Geruch belästigt werden. Nunmehr darf jede einzelne Anlage den Immissionswert von 0,06 (6 Prozent der Jahresstunden) nicht mehr überschreiten. Das soll verhindern, dass eine einzelne Anlage diesen maximal zulässigen Grad voll ausschöpft und damit die Entwicklungsmöglichkeiten anderer eventuell in dem Bereich liegender Betriebe gänzlich verhindert.


Staub (PM10)

Bei den zulässigen Belastungshöchstgrenzen fand am 1. Januar 2010 ein fließender Übergang statt. Mit der Richtlinie 1999/30/EG hat die Europäische Union festgelegt, dass der einzuhaltende Tagesmittelwert von 50 μg/m3 nunmehr nur noch an 7 Tagen im Jahr (vorher 35) überschritten werden darf. Der Jahresmittelwert liegt jetzt bei 20 μg/m3 statt 40 μg/m3. Vor allem Geflügelhaltungen sind mit Staubemissionen verbunden, so dass vor diesem Hintergrund Staub in Genehmigungsverfahren an Bedeutung gewinnen wird.


Ammoniak (NH3) und Stickstoff (N)

Während zu hohe Konzentrationen von NH3 in der Luft direkten Schaden an den Blättern, Nadeln, Halmen usw. durch innere Verätzungen hervorrufen, führen übermäßige N-Einträge zu einem Ungleichgewicht in der Bodenlösung zu Lasten basisch wirksamer Kationen; Versauerung tritt ein und das Ökosystem wird instabil. Im Rahmen des Multikomponenten-Protokolls hatte sich die Bundesrepublik Deutschland dazu verpflichtet, die NH3-Emissionen bis zum Anfang dieses Jahres auf 550 Kilotonnen (kt) zu reduzieren, was einer Minderung von 28 Prozent gegenüber dem Bezugsjahr 1990 entspricht. Dieses Ziel scheint nicht erreicht worden zu sein. Abgesehen von eventuellen Strafen durch die EU wird die Bundesrepublik Deutschland in nächster Zukunft weiter an der Verminderung des NH3-Ausstoßes arbeiten müssen. Da etwa 90 Prozent der Gesamt-NH3-Emissionen der Landwirtschaft zuzuschreiben sind, wird diese zunehmend in den Fokus geraten und mit Möglichkeiten zur Reduzierung dieser Emissionen aufwarten müssen.

Im Bereich der Tierhaltung enthält die "Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft - TA Luft" (2002) bereits einige Vorgaben wie die Abdeckung von Flüssigmistlagern außerhalb der Stallungen. Weitere Möglichkeiten auf betrieblicher und betriebstechnischer Ebene sind in der VDI Richtlinie 3894 Blatt 1, die im Entwurf vom Oktober 2009 vorliegt und die veralteten VDI-Richtlinien 3471 und 3472 ablösen wird, aufgeführt.

Ein gutes Betriebsmanagement und kleine, aber durchdachte, finanziell verhältnismäßig wenig aufwendige Modifikationen an den typischen Stallbaukonzepten beinhalten ein großes NH3-Einsparungspotential. Der Aspekt der NH3-Emission und der daraus resultierenden N-Immissionen in der Umgebung der Anlage wird künftig immer stärker über die Zulässigkeit von Bauvorhaben entscheiden. Arbeitsgruppen wie die LAI (Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz) befassen sich zunehmend mit diesem Thema und haben bereits Vorschläge zur Handhabung in Genehmigungsverfahren gemacht.


Keime

Die Wirkung von Bioaerosolen und Mikroorganismen aus Tierhaltungsanlagen ist schon lange ein gewichtiges Thema, ohne bisher in eine wissenschaftlich fundierte und rechtlich fassbare Form gebracht worden zu sein. Mit dem Entwurf der VDI-Richtlinie 4250 vom November 2009 wird sich auch das ändern. Diese Richtlinie, in vorliegender oder ähnlicher Form, wird zukünftig ein klar definiertes Instrument zur Bewertung anlagenbezogener Luftverunreinigung mit Bioaerosolen und biologischen Agenzien aus Tierhaltungsanlagen zur Verfügung stellen.


Filteranlagen

Für kleine bis mittelgroße Tierhaltungsanlagen gilt bisher der Grundsatz, dass wegen des hohen finanziellen Aufwands Filteranlagen nicht als der "Stand der Technik" anzusehen sind.

Bestehende Betriebe fürchten eine nachträgliche Auflage zum Einbau eines Filters - und gewisse Interessenvertreter schüren diese Furcht und verschweigen, dass bereits kostengünstige Filtersysteme angeboten werden, die in der Lage sind, jeden der o.g. Problempunkte deutlich zu entschärfen. Bei Einbau dieser Filter müssen nicht einmal die Baukosten steigen, da die Installation hoher Schornsteine und/oder eines zentralen Abluftschachts nicht weniger teuer sind. Gleiches kann für die laufenden Kosten gelten, weil durch den Einsatz der Reinigungsanlagen eine bessere Luftqualität im Stall erzeugt wird, die letztlich zu weniger Krankheit bei den Tieren führt, was einen geringeren Einsatz von Medikamenten und eine geringe Mortalität zur Folge hat.

Jeder Landwirt sollte sich vor einem Stallbau intensivst mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen und den Möglichkeiten zur Optimierung des Managements beschäftigen.


*


Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 331 - März 2010, S. 6
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft -
Bauernblatt e.V.
Bahnhofstr. 31, 59065 Hamm
Telefon: 02381/49 22 20, Fax: 02381/49 22 21
E-Mail: redaktion@bauernstimme.de
Internet: www.bauernstimme.de

Erscheinungsweise: monatlich (11 x jährlich)
Einzelausgabe: 3,00 Euro
Abonnementpreis: 36,00 Euro jährlich
(verbilligt auf Antrag 26,00 Euro jährlich)


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Mai 2010