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FORSCHUNG/374: Mikroben im Sediment - wenig Nährstoff, viel Sauerstoff (GFZ)


Helmholtz Zentrum Potsdam / Deutsches GeoForschungsZentrum - 16. März 2015

Mikroben im Sediment - wenig Nährstoff, viel Sauerstoff

Mikroben im Sediment: wenig Nährstoff, viel Sauerstoff


16.03.2015: Etwa ein Viertel des gesamten Meeresbodens auf der Erde ist extrem nährstoffarm. Zugleich enthält, entgegen bisherigen Vermutungen, die obere Schicht dieses Meeresbodens über seine gesamte Dicke bis hinunter in das Grundgestein Sauerstoff. Diese neuen Ergebnisse gewann eine internationale Forschergruppe bei der Untersuchung von Bohrkernen aus dem Gebiet des Südpazifischen Wirbels. In der aktuellen Online-Ausgabe von Nature Geoscience wiesen die Wissenschaftler zudem auf mögliche Auswirkungen auf die Zusammensetzung des Erdinneren hin, denn sauerstoffhaltiger Meeresboden enthält andere Mineralien als sauerstofffreier.


Schiff vor Anker - Foto: © J. Kallmeyer, GFZ

Wissenschaftliches Bohrschiff "JOIDES Resolution"
Foto: © J. Kallmeyer, GFZ

Bisherige Annahmen gingen davon aus, dass der Meeresboden bis auf eine dünne Schicht an der Oberfläche sauerstofffrei ist, weil Mikroben in den Sedimentlagen den vorhandenen Sauerstoff verbrauchen. Das von den Kontinenten ins Meer geschwemmte Sediment ist reich an organischem Material, dass diesen Mikroben Nährstoff bietet. Deren Stoffwechsel verbraucht den Sauerstoff im Laufe der Zeit. Unterhalb der dünnen, sauerstoffhaltigen Deckschicht, so die bisherige Annahme, können nur noch solche Mikroben überleben, die an sauerstofffreie Bedingungen angepasst sind.


Hinter dem Bohrturm ein Regenbogen - Foto: © J. Kallmeyer, GFZ

Bohrturm der "JOIDES Resolution"
Foto: © J. Kallmeyer, GFZ

Dem Wissenschaftlerteam, an dem auch das Deutsche GeoForschungsZentrum GFZ beteiligt war, gelang es nun bei einer Expedition mit dem Bohrschiff "JOIDES Resolution", Bohrkerne aus dem Südpazifischen Wirbel zu gewinnen, einem Gebiet zwischen Australien, Südamerika und der Antarktis. Nirgendwo sonst auf der Erde ist man weiter vom Land und seinen Einträgen von organischen Stoffen entfernt, entsprechend nährstoffarm ist das Gebiet. Aufgrund der geringen Nährstoffkonzentration finden auch die Mikroben im Meeresboden nur wenig Nahrung. Folglich gibt es hier auch nur wenig Mikroben im Sediment: "Wir haben hier eine Populationsdichte an mikrobiellem Leben, die zehn- bis hundertmillionenfach geringer ist als im übrigen Ozean," erklärt GFZ-Forscher Jens Kallmeyer, einer der Autoren der Studie. "Die wenigen überlebenden Mikroben finden so wenig Nährstoffe, dass sie den Sauerstoff nicht verbrauchen können, daher ist der Meeresboden nicht nur in der obersten Schicht, sondern über seine gesamte Dicke komplett sauerstoffhaltig und beherbergt auch nur solche Mikroben, die Sauerstoff zum Leben benötigen." Und nicht nur das abgelagerte Sediment enthält Sauerstoff, auch im darunter liegenden Basalt konnte er nachgewiesen werden.


Gruppe von Forschern mit Instrumentarium für Proben - Foto: © J. Kallmeyer, GFZ

Bohrkern-Sample Party
Foto: © J. Kallmeyer, GFZ

Es stellte sich die Frage, ob das nur für das Gebiet des Südpazifischen Wirbels gilt. Zur Untersuchung dieser Frage wurden die Daten aus den Bohrkernanalysen mit Satellitendaten kombiniert. Es ergab sich, dass in fast einem Viertel der weltweiten Meeresgebiete die Nährstoffkonzentrationen ähnlich niedrig sind wie im Südpazifischen Wirbel. Daraus lässt sich folgern, dass dort auch Sauerstoff im Meeresboden zu finden sein muss. Das kann Folgen bis hin zur Plattentektonik haben: Jens Kallmeyer: "Wenn eine Erdplatte mit solchem Material in die Erde abtaucht und wieder aufgeschmolzen wird, dann wird über diesen Prozess Sauerstoff dem Erdinneren zugeführt." Welche Auswirkungen dieser Prozess auf die geochemischen Prozesse im oberen Erdmantel, hat soll in zukünftigen Studien erforscht werden.

Steven D'Hondt et al., "Presence of Oxygen an Aerobic Communities from Seafloor to Basement in Deep-Sea Sediments", Nature Geoscience Advance Online Publication, 16.03.2015, DOI: 10.1038/ngeo2387

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. März 2015

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