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INITIATIVE/297: Himalaya - Naturschutz auf dem Dach der Welt (WWF Magazin)


WWF Magazin 1/2009
WWF Deutschland - World Wide Fund For Nature

Aktiv
Wo der Schnee wohnt
Naturschutz auf dem Dach der Welt

Von Michaela Kitschke & Stefan Ziegler, WWF


Im höchsten Gebirge der Erde ist der WWF bereits seit fast 40 Jahren aktiv. Von den Gipfeln der Annapurna über Darjeeling bis Sikkim hilft die Umweltstiftung in einer Vielzahl von Projekten mit, die Zukunft der Ökoregion Himalaja zu sichern.


"Dort, wo der Schnee wohnt" bedeutet die Bezeichnung Himalaja in Sanskrit, der alten Sprache indischer Brahmanen-Priester. Nicht umsonst sind die mystisch emporragenden Gipfel und abgelegenen Täler seit Jahrhunderten eine Quelle der Inspiration für Sinnsucher sowie ein Ort tiefer Religiosität. Die Gebirgskette mit den höchsten Gipfeln der Welt bildet auf einer Länge von 3000 Kilometern eine gewaltige Wetterscheide und beeinflusst das Klima Zentral- und Südasiens entscheidend. Südlich des Hauptkammes regnen sich die Wolken der Monsunwinde im jährlichen Turnus sintflutartig ab, während im Regenschatten der Berge, auf dem Hochplateau von Tibet, trockenes Klima herrscht.


Paradies für seltene Arten

Mehr als 10 000 Pflanzenarten sind im Himalaja bekannt, von denen gut ein Drittel nur in dieser Region der Erde vorkommen. In den Bergwäldern sind Kragenbär, Roter Panda sowie der bedrohte Goldlangur zuhause. Seltene Fasane wie der Satyrtragopan finden in den dichten Wäldern aus haushohen Rhododendren Unterschlupf. Oberhalb der Baumgrenze bieten die hochalpinen Matten und Gebirgsklippen Rückzugsgebiete für den Schneeleoparden, das Blauschaf und den fast rindergroßen Takin. Ihren Lebensraum teilen sich die Tier- und Pflanzenarten mit Millionen von Menschen verschiedenster Kulturen und Religionen aus Indien, Pakistan, Nepal, Bhutan und China. Seit den 1970er-Jahren setzt sich der WWF erfolgreich für den Naturschutz im Himalaja ein. Bereits 1986 wurde versucht, Umweltschutz und lokale Entwicklungshilfe zu verbinden. Den Bewohnern der Annapurna Conservation Area wurde erstmals die nachhaltige Nutzung der dort vorkommenden natürlichen Ressourcen ermöglicht. Heute arbeitet der WWF im Himalaja daran, die Ökoregion mit mehr als 60 laufenden Projekten zum Ressourcen- und Artenschutz langfristig zu erhalten. Dies wird umso wichtiger, je mehr die Gefahren wachsen.


Klimawandel und Raubbau

Zwei Drittel der Gebirgsgletscher schmelzen als Folge des globalen Klimawandels ab. Mit weit reichenden Folgen, denn nicht nur die Einzugsgebiete zahlreicher Flüsse drohen zu versiegen, auch die Lebensgrundlage mehrerer Millionen Menschen ist in Gefahr. Zahlreiche Wissenschaftler prognostizieren einen Rückgang der einzigartigen biologischen Vielfalt in der Region. Umso wichtiger ist es jetzt, den Folgen des Klimawandels vorzubeugen. Dazu gehören Frühwarnsysteme für die flutartigen Schmelzwasserabgänge aus Gletscherseen, die binnen Minuten ganze Täler überfluten und zerstören können.

Doch die größte Gefahr droht dem Himalaja und seinen Bewohnern durch die Ausnutzung seiner natürlichen Ressourcen. Millionen von Menschen leben unterhalb der Armutsgrenze. Sie sind abhängig von den Holz- und Wildtiervorräten, um ihr tägliches Überleben zu sichern. Deshalb stehen heute bereits einige Huftiere wie die Schraubenziege und der Graue Goral auf der Roten Liste bedrohter Arten. Auch Moschustiere werden immer noch gejagt und getötet, um an den wertvollen Duftstoff in den Drüsen der männlichen Tiere zu gelangen. Für ein Kilogramm des wertvollen Moschus werden bis zu 36 000 Euro auf dem Weltmarkt bezahlt. Weil durch Raubbau viele Wälder schrumpften, bleiben den Wildarten oft nur kleine und weit auseinanderliegende Lebensräume, sodass kaum genetischer Austausch stattfinden kann.


Guter Tee und Rote Pandas

Durch Aufforstung ganze Lebensräume wieder miteinander zu verbinden ist daher ein wichtiger Bestandteil der WWF-Naturschutzarbeit vor Ort. Beispiel Darjeeling in Indien: Initiiert durch das größte Teeversandhaus Deutschlands, die Teekampagne in Berlin/Potsdam, konnte die Umweltstiftung in dem weltberühmten Teeanbaugebiet 22 Baumschulen errichten, in denen pro Jahr mehr als 250 000 Setzlinge angezogen werden. Das befestigt nicht nur Hänge, die durch unkontrollierten Holzeinschlag entwaldet wurden und nun abzurutschen drohen. Es schafft zudem Arbeitsplätze in einer strukturschwachen Region. Beispiel Nepal: Durch den Bau kleinbäuerlicher Biogasanlagen müssen dort nicht mehr so viele Wälder für Feuerholz gerodet werden. Das Biogas stammt größtenteils aus Rinderdung und ist ein leicht verfügbarer alternativer Brennstoff. Bis Ende 2009 will der WWF mindestens 7500 Anlagen bauen. Aber auch die klassische Artenschutzarbeit findet sich im WWF-Portfolio: Zum Beispiel Schmugglerringen das Handwerk legen, die versuchen, Nashorn, seltenes Sandelholz und Raubtierfelle über Himalaja-Pässe nach China zu bringen. Durch Aufklärung gerade im Bereich der traditionellen chinesischen Medizin wird versucht, die Nachfrage nach Moschus zu senken. Für Moschustiere und andere Arten werden zudem Schutzgebiete eingerichtet und kontrolliert. Das gemeinsame Projekt mit dem Verband der Deutschen Zoodirektoren (VDZ) zum Roten Panda leistet Pionierarbeit zur Verbreitung der seltenen Tiere und fördert die Umweltbildung in den lokalen Schulen. Schließlich ist der Rote Panda das Wappentier des indischen Bundesstaates Sikkim. Sein Überleben ist ein Symbol für den Erhalt der gesamten Himalaja-Region.


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Der Himalaja ist der Wasserspeicher Asiens und außerdem Refugium einzigartiger Pflanzen- und Tierarten wie Schneeleopard, Roter Panda, Takin und Satyrtrogopan (v.o.n.u.). Doch der Klimawandel und der Raubbau an natürlichen Ressourcen bringen das ökologische Gleichgewicht auf dem Dach der Welt ins Wanken.
v.o.li. im Uhrzeigersinn: D. Rose/Helga Lade, A. Rouse/Wildlife, ArcoImages/NPL, blickwinkel/McPhotos, L. Postl/Helga Lade, P Wegner/ArcoImages, C.Huetter/ArcoImages.


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Quelle:
WWF Magazin 1/2009, Seite 16-17
Herausgeber:
WWF Deutschland
Rebstöcker Str. 55, 60326 Frankfurt am Main
Tel.: 069/7 91 44-0, Fax: 7 91 44-112
E-Mail: info@wwf.de
Internet: http://www.wwf.de

Die Zeitschrift für Mitglieder und Freunde der Umweltstiftung WWF Deutschland erscheint vierteljährlich


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Februar 2009