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WALD/673: Wilder Schwarzwald - Keine Chance? (ROBIN WOOD magazin)


ROBIN WOOD magazin - Nr. 115/4.2012

wald
Wilder Schwarzwald: Keine Chance?

von Annette Littmeier, Berlin



Baden-Württemberg ist eines der waldreichsten Bundesländer und eines der wenigen, in denen kein Nationalpark existiert. Die Idee einen Nationalpark im Schwarzwald einzurichten besteht schon seit rund 20 Jahren. Alle Parteien außer der FDP haben die Ausweisung eines Großschutzgebietes in ihre Parteiprogramme aufgenommen. 2011 gab das Umweltministerium noch unter der CDU/FDP-Regierung die naturschutzfachliche Prüfung eines Nationalparks im Nordschwarzwald in Auftrag. Die rot-grüne Landesregierung hat nun die Gründung eines Nationalparks im Koalitionsvertrag festgelegt: In einem 17.000 Hektar umfassenden Gebiet der Höhenzüge rund um den Ruhestein, Hoher Ochsenkopf und Kaltenbronn sollen 10.000 Hektar - das entspricht 0,7% der Waldfläche Baden-Württembergs - zum Nationalpark werden.

Derzeit ist der Wald, der vollständig in Landesbesitz ist, noch ein fichtendominierter Wirtschaftswald, aber eigentlich haben ausgedehnte Mischwälder hier ihr natürliches Vorkommen. Deshalb möchte man mit der Ausweisung eines Entwicklungsnationalparks innerhalb von 30 Jahren die reinen Fichtenwälder zurückdrängen und den artenreichen, stabilen Mischwäldern mit Rotbuche, Weißtanne und Fichte wieder mehr Raum geben. Bereits jetzt existiert ein Mosaik von unterschiedlichen Waldtypen, weil zum einen die Forstwirtschaft seit einigen Jahren Mischwälder fördert und zum anderen die Sturmereignisse "Vivian", "Wiebke" und "Lothar" den Altersklassenfichtenwald aufgebrochen und neu strukturiert haben. 30 Prozent des zukünftigen Nationalparkgebietes sind bereits heute ausgewiesene Naturschutzgebiete oder Bannwälder. Auch hier haben sich neue Waldstrukturen entwickelt.

Aber kaum hat die Landesregierung ihr Vorhaben ausgesprochen, formiert sich Widerstand. Bereits im August 2011 haben sich in 14 Gemeinden Interessengemeinschaften gegründet mit dem einzigen Ziel, den Nationalpark zu verhindern. Sie wollen kein "großflächiges Versuchslabor aus Selbstzweck für die Naturschutzideologie!". Die BürgerInnen sehen sich als "Opfer von Wildnisideologen!". In der Nichtnutzung natürlicher Ressourcen sehen sie eine "Vernichtung von Volksvermögen". Der Freundeskreis Nationalpark Schwarzwald versucht mit Vorträgen und Führungen in den Bannwäldern der negativen Stimmung entgegenzuwirken. Doch es scheint, dass die Gegner omnipräsent sind - auf jedem noch so kleinen Volksfest sind sie mit einem Infostand vertreten und verteilen fleißig ihre Aufkleber: einem Ortsschild ähnlich, auf dem das Wort "Nationalpark" fett rot durchgestrichen ist. Um die Diskussion zu versachlichen, hat die Landesregierung Arbeitskreise gegründet und ein Gutachten in Auftrag gegeben. Dieses soll die Auswirkungen eines Nationalparks auf das Leben und die Wirtschaft vor Ort, auf den Tourismus, die Forstwirtschaft, die Umwelt und die Artenvielfalt untersuchen und bewerten. Erst nach der Veröffentlichung des Gutachtens, die nicht vor Ende 2012 zu erwarten ist, und nach einer Diskussion der Ergebnisse wird eine Entscheidung darüber getroffen, ob ein Nationalpark im Nordschwarzwald ausgewiesen wird.

Freundeskreis Nationalpark Schwarzwald: www.pro-nationalpark-schwarzwald.de
Landesregierung: www.nordschwarzwald-nationalpark.de
Gegner des Nationalparks: www.unser-nordschwarzwald.de

Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:
- Nationalpark Nordschwarzwald [Karte]
- Nur 0,7 Prozent der baden-württembergischen Wälder sollen zum Nationalpark werden: Selbst dagegen regt sich massiver Protest vor Ort

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Quelle:
ROBIN WOOD-Magazin Nr. 115/4.2012, Seite 28
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Januar 2013