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WIESE/016: Salzwiesen - Grüne Grenze zwischen Land und Meer (NPN)


Nationalpark Nachrichten - Oktober-Dezember 2010
Informationsblatt aus dem Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer

Grüne Grenze zwischen Land und Meer

Von Dr. Martin Stock


Salzig ist das Land vor den Deichen, denn täglich sorgt die Flut für Nachschub. Nur spezialisierte Salzpflanzen halten daher Wache an der grünen Grenze zwischen Land und Meer, Sie ist ein seltener Lebensraum und bildet einen schmalen Saum, der sich ursprünglich wie ein durchgehendes Band an unserer Küste entlang zog.

Käfertraum und Gänseweide

In urwüchsigen Salzwiesen summt und brummt es: etwa 1.800 wirbellose Tierarten leben in, an und von 50 Pflanzenarten. Alle sind hoch spezialisiert. Rund 300 Tierarten können außerhalb der Salzwiesen nicht leben. Käfer, Langbeinfliegen, Hornmilben und andere Wirbellose sind unauffällig. Nur Wissenschaftler finden die meist winzigen Tiere.

Augenfällige Bewohner der Salzwiesen sind dagegen die Vögel. Im Nationalpark brüten jährlich rund 40 Arten mit über 100.000 Brutpaaren. Etwa 40 arktische Zugvogelarten mit mehreren Millionen Individuen rasten auf den Salzwiesen, wenn sie im Frühjahr und Spätsommer! Herbst einen mehrwöchigen Zwischenstopp machen, um bei Niedrigwasser im Wattenmeer Nahrung zu suchen, Gänse und Enten haben die Salzwiesen zum Fressen gern und futtern sich dort Fettreserven für die Reise in ihre Brutgebiete an, Seit den 1980er Jahren sind die Salzwiesen daher unter Schutz gestellt.

Wuchtbremse

Die Salzwiesen im Vorland dienen vorrangig der Deichsicherung, da sie bei Überflutungen die Wucht der Nordseewellen bremsen. Die Stabilität galt als besonders groß, wenn sie mit Schafen intensiv beweidet waren.

Salzwiesen wurden daher seit Jahrhunderten als Wellenbremse im Schutz von Lahnungen herangezogen, intensiv beweidet und stark entwässert, Dies hatte Folgen: Das Vorland und die Pflanzendecke waren monoton. Die Salzwiese glich eher einem Golfrasen denn einem natürlichen Lebensraum.

Vom Golfrasen zum natürlichen Schutzschild

Heute hat sich das Erscheinungsbild der Salzwiese gewandelt. Beweidung findet vielerorts nicht mehr statt. 50% der Salzwiesen dürfen sich ohne Schafbeweidung entwickeln, Für viele ein ungewohntes Bild, das mit den vertrauten Verhältnissen der zurückliegenden Jahrzehnte und den eigenen Wertvorstellungen nicht mehr übereinstimmte. Heute erfreuen wir uns am blühenden Strandflieder, am Vogelruf oder an der sich im stetigen Küstenwind wiegenden Pflanzendecke aus Kräutern und Gräsern. Durch den Nationalparkschutz wird der Salzwiese wieder die Möglichkeit gegeben, sich nach ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten zu entwickeln. Die Salzwiese ist nicht statisch, sie wird sich in ihrem eigenen Rhythmus verändern. Wir Menschen sollten uns in den Nationalparks, die als einzige Gebiete weltweit eine natürliche Entwicklung der zu schützenden Landschaften zum Ziel haben, zurücknehmen und diesem Prozess Raum und Zeit geben. Das wäre eigentlich ganz leicht. Alles, was wir tun müssten, ist: Nichts - "Natur Natur sein lassen". Dort allerdings, wo sich Salzwiesen ohne schützende Lahnungen nicht halten, sind Sicherungsmaßnahmen auch in Zukunft erforderlich. Auf Details haben sich Küstenschutz und Naturschutz in einem Vorlandmanagementkonzept verständigt. Und das hat Erfolg: die Salzwiesenfläche am Festland ist seit Nationalparkgründung um 30% angewachsen.

Das Gute daran: Auch blühende und hoch aufgewachsene Salzwiesen ohne Schafbeweidung bremsen die Wucht der Nordseewellen und schützen die Küste.


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

• Die Natur auf dem Vormarsch. Auf der Insel Trischen entwickelt sich diese Salzwiese seit 70 Jahren ohne jegliche menschliche Einflussnahme. Alte Vorlandstrukturen lösen sich auf, natürliche Priele durchschneiden die Salzwiese.

• Nach einem Regenschauer: Die natürlich angewachsene Salzwiese in St. Peter Ording ist überwiegend mit Keilmelde bewachsen.



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Quelle:
Nationalpark Nachrichten 10-12/2010, Seite
Herausgeber:
LKN / Nationalparkverwaltung Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer
Schlossgarten 1, 25832 Tönning
Tel.: 04861/616-0, Fax: 04861/616-69
www.wattenmeer-nationalpark.de

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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Oktober 2010