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LAIRE/236: Der Hambacher Forst liegt nicht in Rumänien ... (SB)


Die Straße des Profits

Illegale Waldrodung in Rumänien, legale Waldrodung in Deutschland



Wie gut, daß im fernen Rumänien großmaßstäblich illegale Waldrodungen stattfinden. Wäre es nicht so, müßte man sie beinahe erfinden, um von geographisch näherliegenden Waldrodungen abzulenken.

Die ZDF-Sendung "Frontal 21" berichtete am 29. Oktober 2013 über illegale Baumfällungen unter anderem im rumänischen Maramures-Naturpark. [1] Seit dem Sturz von Rumäniens Präsident Nicolae Ceausescu und seiner Hinrichtung Ende 1989 wurden in dem Karpatenstaat schätzungsweise 366.000 Hektar Wald illegal abgeholzt. Die Kettensägen kreischen allerorten, wenn man heute durch das vermeintliche Idyll fährt. Holzverarbeitung und -export sind zwei einträgliche Wirtschaftszweige dieses EU-Mitgliedslands; mal gehen die Geschäfte am Fiskus vorbei, mal darf er daran partizipieren.

Wenngleich hier diese umfangreichen Holzbeschaffungen nicht im mindesten herabgewürdigt werden sollen, geben sie doch Anlaß, an eine andere, ebenfalls aktuelle Vernichtung uralten Baumbestands zu erinnern: Seit 1978 wurde der Hambacher Forst in Nordrhein-Westfalen von ursprünglich 5.500 auf 1.000 Hektar abgeholzt. In diesem Winter finden weitere Rodungsarbeiten statt, nur damit der Energiekonzern RWE eine Schicht Braunkohle, die in bis zu 400 Metern Tiefe unter dem Gebiet verläuft, abbauen und den Öfen seiner Kraftwerke zuführen kann.

Wenn der Geograph Jan Knorn von der Humboldt-Universität Berlin in "Frontal 21" berichtet, daß durch den Baumverlust in Rumänien das Wasser viel schneller in die Täler fließt und dadurch Straßen und ganze Häuser zerstört werden, dann sind solche Folgen noch harmlos verglichen mit der Straßen- und Hausvernichtung durch den Braunkohletagebau. Denn die ist total. Ganze Dörfer mitsamt ihrem Umfeld werden "devastiert", wie dieser Gewaltakt von ihren zwangsumgesiedelten Bewohnern bezeichnet wird.

Devastiert wird auch die Restwaldfläche des Hambacher Forstes, die dem Profitstreben eines Unternehmens und dem Energiehunger eines hochindustrialisierten Landes wie die Bundesrepublik Deutschland zum Fraße vorgeworfen wird.

Das ZDF hat über illegale Waldrodungen in Rumänien berichtet, wohingegen die Bäume im Hambacher Forst legal gefällt werden. Aber "legal" bedeutet nicht das gleiche wie "legitim". Braunkohle ist ein besonders klimaschädlicher Energieträger, seine Nutzung gilt selbst unter ihren Lobbyisten als energiepolitisches Auslaufmodell. Sie nennen es nur anders, nämlich "Brückentechnologie".

Um diese gewinnträchtige Brücke zu verlängern, sollen noch sehr viel mehr Bäume gefällt werden. Zu ihren Lasten wird die Straße des Profits weiter und weiter gebaut. Auf der bewegen sich natürlich auch jene Kräfte, die in Rumänien illegal Bäume abschleppen.


Fußnoten:

[1] http://www.zdf.de/ZDF/zdfportal/blob/30418052/2/data.pdf

30. Oktober 2013