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ATOM/325: Yucca Mountains - Endlagerkosten exorbitant gestiegen (SB)


Kostenexplosion beim geplanten Endlager Yucca Mountains in den USA


Angesichts des weltweiten, insbesondere aber in den USA zu beobachtenden Wiedererstarkens der Kernenergie-Lobbyisten dürfte die folgende Meldung aus der "New York Times" (16.7.2008) nicht uninteressant sein. Die Kosten für Eröffnung und Betrieb des geplanten ersten US-amerikanischen Endlagers für hochradioaktive Substanzen in den Yucca Mountains in Nevada werden sich auf mehr als 90 Milliarden Dollar belaufen. Im Jahr 2001 lag die Schätzung noch bei 58 Milliarden Dollar. Über den gewaltigen Preissprung berichtete Ward Sproat vom US-Energieministerium kürzlich bei einer Kongreßanhörung. Die USA haben bereits neun Milliarden Dollar in das Endlager gesteckt. Mit einer Eröffnung wird nicht vor dem Jahr 2020 gerechnet. Nach einhundert Jahren Betrieb soll es geschlossen und versiegelt werden.

90 Milliarden Dollar wirken verglichen mit dem Militärhaushalt der USA von weit über 400 Milliarden Dollar pro Jahr sowie darüber hinaus den Kriegskosten in Höhe von mehreren hundert Milliarden Dollar nicht viel. Wenn man jedoch bedenkt, daß es lediglich darum geht, Müll zu verbringen, dann schon.

Ursprünglich sollten 77.000 Tonnen hochradioaktiven Abfall insbesondere aus der Kernwaffenproduktion der USA in die Yucca Mountains eingefahren werden. Inzwischen wurden Konzepte ausgearbeitet, diese Menge zu erhöhen. Denn es haben sich an zahlreichen Standorten in den USA Nuklearabfälle angesammelt, deren Gesamtmenge weit über die geplante Einfüllkapazität der Yucca Mountains hinausgeht. Entweder werden die Vereinigten Staaten für die jetzt schon vorhandenen zusätzlichen 44.000 Tonnen Nuklearabfall ein zweites Endlager bauen - das ist jedoch nicht vorgesehen, und es würde wie das Endlager in den Yucca Mountains womöglich Jahrzehnte bis zur Inbetriebnahme dauern -, oder es wird die Einfüllmenge erhöht. Das steigert natürlich die Gefahr von Wassereinbrüchen und der Verseuchung des Grundwassers mit Strahlenmaterial.

Die obige Kostenabschätzung des Energieministeriums ist natürlich höchst spekulativ. Wie die Welt in zehn, fünfzig oder hundert Jahren beschaffen sein wird, vermag niemand vorauszusagen. Dennoch ist die Kostenabschätzung in Höhe von 90 Mrd. Dollar nicht unbedeutend, denn sie zeigt einen Trend zur Kostenexplosion an, der in die heutige Debatte über die angeblichen Vorzüge der Kernenergie Eingang finden müßte. Insbesondere aber müßte er bei der Bewertung der Yucca Mountains als nukleares Endlager berücksichtigt werden, denn es trägt zu den vielen Einwänden bei, die gegen den Standort sprechen.

Beispielsweise die Erdbebengefahr. Die Yucca Mountains, geologisch aufgebaut aus erkaltetem vulkanischen Gestein, liegen in einem von zahlreichen Erdbeben betroffenen Gebiet. Die sind zwar in der Regel schwach bis mittelstark, aber sie sind spürbar, und ob das so bleiben wird, ist unklar. Was in der Zukunft liegt, weiß man nicht - man weiß jedoch, daß Yucca Mountains viele Millionen Jahre, entsprechend der Halbwertszeit des eingelagerten Strahlenmülls - geologisch sicher sein müssen, damit keine radioaktiven Substanzen in die Umwelt gelangen. Diese Garantie kann niemand geben.

Am 21. Mai vergangenen Jahres veröffentlichte der Geologische Dienst der USA eine Studie, derzufolge die tektonische Bow-Ridge-Bruchlinie weiter östlich verläuft als angenommen. Daraufhin wurde das Endlagerkonzept modifiziert, denn oberhalb des neu bestimmten Verlaufs der Bruchzone sollten Betonflächen angelegt werden, auf denen Behältnisse mit hochradioaktivem Abfall zum Abkühlen abgestellt werden sollten. Es hätte sich also um das heißeste und gefährlichste Nuklearmaterial innerhalb des gesamten Endlagerkomplexes gehandelt.

Die Stollen in den Yucca Mountains sind nicht wasserdicht. Vergleichbar mit dem katastrophalen deutschen Endlager Asse II wird Wasser auch in das US-Endlager eindringen, und je geringer der Abstand, in dem die Stollen angelegt werden, desto mehr Wasser wird an die Nuklearbehältnisse gelangen und Verwitterungsprozesse beschleunigen. Und wenn dann das US-Energieministerium Steuergelder aufwenden muß, um Notmaßnahmen zu ergreifen, damit die Radionukleotide des Atommülls nicht noch schneller als sowieso einkalkuliert in die Umwelt gelangen, dürften die Kosten für den Betrieb des Endlagers noch um einige Milliarden Dollar zunehmen.

17. Juli 2008