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ATOM/366: Wird Yucca Mountain nun doch ein Endlager? (SB)


Yucca Mountain entzweit die US-Administration

Rechtsberater der Nuklearen Aufsichtsbehörde sprechen Energieminister Befugnis zur Absage von Endlagerstandort ab


US-Präsident Barack Obama lehnt den Standort Yucca Mountain im Bundesstaat Nevada als Endlager für hochradioaktive Abfälle ab und hat dafür in diesem Haushaltsjahr keine Gelder bewilligt. Energieminister Steven Chu, der ein vehementer Verfechter der Kernenergienutzung ist, kam der Forderung seines Chefs nach und trieb die Absage voran. Nun behauptet ein Rechtsausschuß der Nuclear Regulatory Commission, das NRC Atomic Safety and Licensing Board, in einem 47seitigen Bericht, daß Chu gar nicht die Befugnis hat, ein Genehmigungsverfahren, das der Kongreß im Anschluß an die Verabschiedung des Nuclear Waste Policy Act im Jahr 1982 auf den Weg brachte, aufzuhalten, wie die Nachrichtenagentur Associated Press meldete. [1] Demnach hätte der Kongreß damals das Energieministerium beauftragt, einen Antrag zum Bau eines Endlagers zu stellen, wohingegen die NRC den Antrag prüfen und die endgültige Entscheidung treffen sollte.

Selbstredend, daß die US-Administration das ganz anders sieht. Die Regierung Nevadas, die sich vehement gegen ein nationales Endlager in ihrem Bundesstaat ausspricht, und das Energieministerium haben angekündigt, gegen die Entscheidung des fünfköpfigen Rechtsausschusses anzugehen.

Als Obama die Endlagerpläne für Yucca Mountain strich, wurde dieser Schritt von Atomkraftgegnern begrüßt, denn der aus Vulkangestein aufgebaute Berg ist nicht nur erdbebengefährdet, sondern auch wasserdurchlässig. Vermutlich würde nicht viel Zeit vergehen, bis radioaktive Strahlenpartikel ins Grundwasser und anschließend in die Umgebung des Yucca Mountain gelangten.

Betrachtet man allerdings den gegenwärtigen Zustand, der als befristete Alternative zu Yucca Mountain gepriesen wird, dann könnte man fast geneigt sein, sich trotz der Bedenken für diesen Berg als nukleares Endlager auszusprechen. Der NRC-Vorsitzende Gregory Jaczko erklärte, er sei davon überzeugt, daß die abgebrannten Brennelemente jahrzehntelang dort sicher gelagert werden könnten, wo sie sich bereits befänden, nämlich an den Akw-Standorten in 31 Bundesstaaten.

Damit kapituliert er vor der Tatsache, daß die Nukleartechnologie eingeführt wurde, ohne daß zugleich ein schlüssiges Endlagerkonzept bestand. Das Militär, das den ersten Kernbrennstoff produziert hat, um daraus Bomben zu bauen, befand sich in der komfortablen Position, daß es die Entsorgungsfrage auf die leichte Schulter nehmen konnte, da es von niemandem dafür zur Rechenschaft gezogen wurde. Ein erheblicher Teil der ursprünglich zur Endlagerung im Yucca Mountain vorgesehen war, stammt aus der Kernwaffenherstellung.

Seit mehr als einem Vierteljahrhundert prüft und erschließt das Energieministerium das vulkanische Gestein, mehr als zehn Milliarden Dollar wurden in das Projekt versenkt. Schätzungen zufolge würde es mehr als 90 Milliarden Dollar über einen Zeitraum von 100 Jahren kosten.

Obama hatte im Februar dieses Jahres den demokratischen Abgeordneten Lee Hamilton aus Indiana und den früheren Nationalen Sicherheitsberater Brent Scowcroft als Leiter einer Kommission eingesetzt, die nach Alternativen zu Yucca Mountain suchen sollte. Die Vorstellung, es ließe sich eine zuverlässige Voraussage zur Sicherheit eines Endlagers über Tausende bis Zehntausende von Jahren hinweg treffen, kann man nur als Hybris bezeichnen.


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Anmerkungen:

[1] "NRC panel: Nuclear waste dump process continues", Associated Press, 30. Juni 2010
http://www.google.com/hostednews/ap/article/ALeqM5gdSw7Sf3SETXCy8YnmddtWLYnN0gD9GL6EGG0

13. Juli 2010