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KLIMA/283: Schneeverlust am Kilimandscharo nicht wegen Erwärmung? (SB)


Schneefläche des Kilimandscharo um fast 1/10 reduziert

Eine Forschergruppe will belegen, daß dies nicht auf die allgemeine Erdwärmung zurückgeht


Das Thema Klimawandel wird zur Zeit dermaßen stark in den Medien vorgebracht, daß es nicht wundern muß, wenn manche Forscher sich aufgerufen fühlen, dem Trend etwas entgegenzusetzen. Ob dieses Motiv auch hinter der kürzlichen Meldung steckt, derzufolge die Schneebedeckung des Kilimandscharo nicht in Folge der Erderwärmung verschwände, oder ob die Forscher vielmehr einer erdölverbrauchenden, anti-emissionsreduzierenden Industrie zugeneigt sind, soll an dieser Stelle nicht erörtert werden. An der Studie fällt jedenfalls auf, daß in ihr nur deshalb der Effekt der allgemeinen Erderwärmung als unbedeutend für die Schneeschmelze des Kilimandscharo dargestellt werden konnte, weil die Vorstellung, was zur "Erwärmung" dazuzurechnen sei, zuvor sehr eng gefaßt wurde. Vereinfachend gesagt lautet das Hauptargument der Studienautoren, daß nicht die globale Erwärmung, sondern die Sonneneinstrahlung in Verbindung mit zahlreichen Einzelfaktoren den Schnee des größten afrikanischen Berges haben schmelzen lassen.

In der Juli/August-Ausgabe des Magazins "American Scientist" schrieben die Forscher Philip Mote von der Universität von Washington in den USA und Georg Kaser von der Universität Innsbruck in Österreich, daß sich der Schnee des Kilimandscharo seit 100 Jahren auf dem Rückzug befindet. Dies wird durch nebeneinandergestellte Fotos aus den verschiedenen Epochen veranschaulicht. Der Großteil des Rückzugs fand vor 1953 statt, wohingegen sich die Luftmassen am Kilimandscharo bis 1970 nicht entscheidend erwärmt hatten.

1889 wurde die Schneebedeckung des Vulkans Kibo, des höchsten Punkts des Kilimandscharo, auf eine Größe von 32,4 Quadratkilometer geschätzt. 1912 erreichte die Ausdehnung nur noch eine Größe von 19,5 Quadratkilometer, 1953 war sie bereits auf 11,1 Quadratkilometer zusammengezogen, und im Jahre 2003 maßen Wissenschaftler nur noch eine 3,9 Quadratkilometer große Schneebedeckung.

Es gebe durchaus genügend Beweise, daß die Schnee- und Eisflächen der Berge in den gemäßigten Zonen zumindest teilweise aufgrund der Erwärmung durch Treibhausgase geschrumpft seien, schrieben die Forscher. Doch der Eisverlust des in den Tropen gelegenen Kilimandscharo werde vorzugsweise durch die Sonneneinstrahlung verursacht, denn die Temperaturen der Umgebungsluft des Berggipfels stiegen nur selten über den Gefrierpunkt.

Ein wichtiger Faktor innerhalb eines Komplexes interagierender Entwicklungen, die nach Ansicht der Forscher am Schneeverlust mitgewirkt haben, sei die vertikale Form der Eiskante, die Schrumpfungsprozesse fördere, Ausdehnungen aber eher behindere. Außerdem sei die Niederschlagsmenge an dem Berg, den sich die Länder Kenia und Tansania teilen, zurückgegangen. Neuschnee hätte jedoch die Sonneneinstrahlung stärker reflektiert als die ältere, mit Schmutzstoffen versehene Schneebedeckung. Deshalb werde die Einstrahlung tendenziell stärker absorbiert.

Im wesentlichen erfolge der Eisverlust durch Sublimation, also durch Verdunstung des Eises, ohne über den Zwischenschritt des flüssigen Aggregatzustandes zu gehen. Sublimation erfordert einen mehr als achtfachen Energieaufwand im Vergleich zur Verdunstung von Wasser.

Die Forscher spekulierten darüber hinaus, daß der Kilimandscharo womöglich einige Jahrzehnte vor seiner Entdeckung und ersten Beschreibung 1889 durch Forschungsreisende einen sehr ausgeprägten Schneezuwachs erfahren habe. Damit wollen die Forscher andeuten, daß der seitdem zu beobachtende Schneeverlust wahrscheinlich einen natürlichen Ursprung hat, vermutlich aufgrund sich wandelnder Windsysteme und klimatischer Veränderungen im Indischen Ozean.

Kaser schrieb, daß die Schneebedeckung im Laufe der Jahrhunderttausende häufiger verschwunden und wieder neu entstanden sei, auch ohne die Beteiligung der Menschen. Das kann jedoch kein stichhaltiges Argument dafür sein, daß es sich auch diesmal so verhält. Und wenn auch die Temperaturen am 5.963 Meter hohen Kilimandscharo selten über die Null-Grad-Grenze steigen, so erfährt der Gipfel, wie die Forscher selber einräumen, weniger Niederschläge als in früheren Jahren. Könnten das nicht ein Hinweis auf einen Klimawandel sein?

Das bedeutet, daß die Parameter für die Frage, was eigentlich mit griffigen Stichwörtern wie "Klimawandel" oder "globale Erwärmung" gemeint sei, nicht so eng gefaßt werden darf. Die Studie belegt vor allem, daß mit solchen Bezeichnungen eine Entwicklung beschrieben wird, die sich solcher Einordnungsversuche entzieht. Die Behauptung, daß nicht die Erderwärmung zum Schneeverlust am Kibo geführt hat, ist genauso irreführend wie umgekehrt die monokausale Behauptung vom rein anthropogenen Treibhauseffekt.

18. Juni 2007