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KLIMA/338: Typisch Weltbank - Klimaschutz von oben (SB)


Klimaschutzpolitik der Weltbank für Entwicklungsländer, aber ohne Mitsprache der Entwicklungsländer


Wieder einmal zeigt sich, daß der Klimaschutz von den dominierenden Wirtschaftsnationen zur Stärkung ihre eigenen Vorteilsposition instrumentalisiert wird. Vergangene Woche teilte die Weltbank mit, daß sie 6,1 Mrd. Dollar für ihre Klima-Investitionsfonds eingesammelt hat [1]. Mit diesen Geldern solle Entwicklungsländern beim Kampf gegen den Klimawandel geholfen werden.

Das klingt nur im ersten Moment gut. Tatsächlich verfolgt die Weltbank beim sogenannten Klimaschutz keine andere Politik als wenn beispielsweise neue Arbeitsplätze ausgerechnet durch die Senkung der Unternehmenssteuern geschaffen werden sollen. Nach dem Motto: Der Tisch der Reichen muß nur üppig genug gedeckt werden, so wird irgendwann etwas herunterfallen, das denen zugute kommt, die in Bodennähe ihr Dasein fristen.

Solch ein wirtschaftsliberaler Kurs wird auch beim Klimaschutz der Weltbank praktiziert. Aller Voraussicht nach wird sie Projekte fördern, von denen das eine oder andere Entwicklungsland ebenfalls einen Vorteil herausschlagen kann, aber deren Hauptnutzen wiederum bei den wohlhabenden Staaten des Nordens liegt. Die "Climate Investment Funds" (CIFs) wurden von der Weltbank am 1. Juli dieses Jahres ins Leben gerufen [2]. Zum einen sollen die Gelder in einen Fonds für saubere Technologien (Clean Technology Fund) fließen. Dabei geht es um Investitionen in Projekte und Programme in Entwicklungsländern, damit diese vermehrt kohlenstoffemissionsarme Technologien einsetzen. In einem zweiten, allgemeiner gehaltenen Strategischen Klima-Fonds (Strategic Climate Fund) sollen verschiedene Programme für eine innovative Herangehensweise im Kampf gegen den Klimawandel überprüft werden.

Die Weltbank ist keine Organisation, in der alle Staaten der Erde das gleiche Stimmrecht besitzen. Vielmehr dominieren die Industriestaaten (USA, Japan, Deutschland, Frankreich, Großbritannien) mit ihren höheren Einlagen sämtliche Entscheidungen dieses Finanzinstituts. Daraus erwächst hinsichtlich des Klimaschutzes nicht etwa ein Interessenkonflikt, denn die Investitionen in den Klimaschutz dienen sowieso keinem anderen Ziel, als in den Entwicklungsländern westliche Umweltschutztechnologie zu etablieren. Entscheidend dabei ist, daß der technologische Vorsprung der Industriestaaten gewahrt bleibt. Partielle Vorteile für die Entwicklungsländer können nicht ausgeschlossen werden, sofern die fundamentale Hierarchie nicht in Frage gestellt wird.

Wie die Weltbankmitglieder sicherstellen, daß sie die Kontrolle über die Verteilung der Finanzmittel behalten, hat Celine Tan vom Third World Network am 31. März 2008 im Detail analysiert [3]. Sie schrieb: "Obgleich verschiedene Vorschläge gemacht wurden, wie eine Beteiligung der Entwicklungsländer an den CIFs aussehen könnte (...), hat es bislang keine echten gemeinsamen Bemühungen gegeben, die Entwicklungsländer in die Verfügungsstrukturen der CIFs einzubinden."

Über die Verwendung der Weltbankgelder, die über die Weltbankgruppe und Entwicklungsbanken in verschiedensten Formen der Finanzierung (Kredite, Investitionsanreize, etc.) an die Länder des Südens fließen sollen, wachen von Anfang bis Ende Vertreter der Länder des Nordens. Bislang wurde noch nicht bekanntgegeben, welche Projekte gefördert werden, damit ist erst im kommenden Jahr zu rechnen. Vorstellbar sind jedoch folgende (nicht wirklich frei erfundene) Szenarien:

Die Regierung eines südostasiatischen Staates bietet vermeintlich ungenutzte Landfläche zum Anbau von sogenannten Energiepflanzen, aus denen Agrosprit gewonnen werden soll, an. Weil Pflanzen Kohlenstoff aus der Atmosphäre aufnehmen und binden, könnte solch ein Projekt als Klimaschutzmaßnahme durchgehen. Dabei würde dann unterschlagen, daß die Kohlenstoffbilanz der Energiepflanze nicht unter allen Umständen vorteilhaft ist oder daß darüber hinaus Menschen vertrieben werden, um Platz für die Plantagen zu schaffen. Nicht zuletzt könnte solch ein Projekt zur Rodung tropischen Regenwalds führen. Denkbar wäre ebenfalls, daß die Weltbank Bergbaukonzerne unterstützt, damit diese umweltfreundlichere Technologien bei der Ausplünderung der Rohstoffressourcen der Entwicklungsländer einsetzen. Auch das Abfackeln von Gas bei der Erdölförderung einzudämmen wäre ein typisches Klimaschutzprojekt, das selbstverständlich für die örtliche Bevölkerung vorteilhaft wäre, aber das vor allem Profit für die Konzerne abwerfen soll.

Grundsätzlich gilt, daß die Entwicklungsländer in ein Regime von Klimaschutzmaßnahmen eingebunden werden sollen, obgleich sie nicht die Verantwortung für die gegenwärtige anthropogene Erderwärmung tragen. Dabei ist es unstrittig, daß diese Länder dabei unterstützt werden sollten, damit sie es gar nicht nötig haben, ihre Entwicklung nur zu Lasten des Klimas sicherzustellen. Aber weder sollten sie die Rechnung für etwas zahlen, für das sie keine Verantwortung tragen, noch sollte ihre Abhängigkeit von den Industriestaaten mittels der CIFs verstärkt werden. Gelder, die heute als Kredite vergeben werden, tragen morgen zum unüberwindlichen Schuldenberg bei, auch wenn sie zinsgünstig ausgegeben werden.

Über diese Erwägungen hinausgehend bleibt festzustellen, daß Zusagen in Höhe von 6,1 Mrd. Dollar für Klimaschutzprojekte in Entwicklungsländern ein schlechter Scherz sind. Selbst wenn die Gelder optimal eingesetzt würden, reichen sie bei weitem nicht, um Dutzende Länder auf eine vollkommen andere, bislang noch gar nicht ausreichend entwickelte Technologie und Wirtschaftsweise umzustellen. Mit 6,1 Mrd. Dollar können hier und da Projekte angeschoben werden, aber eine gesellschaftliche Umformung, die den Menschen zugute kommt, wird damit niemals zu erreichen sein.

Laut Celine Tan hat das UNFCCC-Sekretariat (United Nations Framework Convention on Climate Change) ausgerechnet, daß die Entwicklungsländer im Jahr 2030 Investitionen von 128 bis 167 Mrd. Dollar jährlich von den entwickelten Ländern benötigen, um mit den Klimawandelfolgen zurechtzukommen. Die Weltbank selbst habe anerkannt, daß diese Gelder zusätzlich zu der offiziellen Entwicklungshilfe benötigt werden. Darum bleibt letztendlich festzustellen: Auch wenn die Weltbank den Schutz des Klimas als Ziel ausgibt und mit 6,1 Mrd. Dollar fördern will, bedeutet das nicht, daß diesem Ziel andere Interessen des Finanzinstituts nachgeordnet werden.


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Anmerkungen:

[1] http://go.worldbank.org/GWSKY4QNS0

[2] http://go.worldbank.org/38LJMD2BX0

[3] www.twnside.org.sg

29. September 2008