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RESSOURCEN/243: Aggression, Bezichtigung und Folgen ... (SB)



Die Ozeane und ihre Randmeere bedecken den weitaus größten Teil der Erdoberfläche. Irgendwo in dieser wasserreichen Sphäre entstand vermutlich das Leben, vielleicht an submarinen hydrothermalen Quellen mit ihren Schwefelausgasungen oder in abwechselnd überspülten und trockenfallenden Flächen des Tidenhubs, und irgendwann überlebten erstmals Meeresbewohner an Land. Zunächst zeitweise, dann dauerhaft. Noch heute tragen Landlebewesen gewissermaßen den Ozean in sich und kommen ohne Wasser nicht aus.

Seit rund 200 Jahren breiten sich die fernen Nachfahren der ersten Landbesiedler, die Spezies des Menschen, massiv aus. Sie pflegt dabei einen von fossilen Energieträgern befeuerten Lebensstil, der sich sogar geologisch niederschlägt. Ob Landflächen, Luft oder Ozeane, sämtliche sogenannten Naturräume des Planeten wandeln sich schneller und schneller durch ihre Nutzbarmachung. Die Meere absorbieren rund 23 Prozent der menschengemachten CO₂-Emissionen und nehmen mehr als 90 Prozent der globalen Erwärmung auf. Der Preis für diese "Ökosystemdienstleistung": Die Versauerung und Erwärmung nimmt so rasant zu, dass sich viele der im Meer lebenden Arten nicht rechtzeitig anpassen können.

Aus den fossilen Archiven der Erdgeschichte lässt sich ablesen, dass einst beispielsweise Korallen schon unter viel saureren Bedingungen gelebt haben. Doch heute kommen sie mit der an erdgeschichtlichen Maßstäben gemessen sehr hohen Geschwindigkeit der Entwicklung nicht klar. Erwärmung und Versauerung setzen ihnen und allen anderen Lebensformen, die Kalkschalen aufweisen, zu.

Bisher sind alle Versuche des Menschen, die von ihm eingeleiteten multiplen Schadensentwicklungen zu stoppen, gescheitert. Während aber über die lippenbekenntnisreichen Erklärungen des großen Klimagipfels im schottischen Glasgow für kurze Zeit viel berichtet wurde, hat eine global gesehen zwar weniger folgenschwere, dennoch die gegenwärtig vorherrschenden Zerwürfnisse der sogenannten Staatengemeinschaft treffend widerspiegelnde Entscheidung im unmittelbaren Vorfeld der UN-Klimakonferenz COP 26 nur geringe mediale Aufmerksamkeit erlangt: Auf der online durchgeführten 40. Jahresversammlung der Kommission zur Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis (CCAMLR - Commission for the Conservation of Antarctic Marine Living Resources) in Hobart, Australien, konnte das 26-köpfige Gremium (25 Staaten plus Europäische Union) über einen seit fünf Jahren diskutierten Vorschlag keine Einigung erzielen. Somit werden weder das Weddellmeer (2,18 Mio. km²) noch Meeresgebiete vor der Ostantarktis (0,95 Mio. km²) und vor der westantarktischen Halbinsel (0,65 Mio. km²) fürderhin als Schutzgebiete ausgewiesen.


Sonnenbeschienene, ausgestreckt auf dem Eis liegende Weddellrobbe, Augen geschlossen - Foto: W. Bulach, CC BY-SA 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0), via Wikimedia Commons

Anscheinend satt und zufrieden - die Nahrungskette ist wohl noch nicht unterbrochen.
Weddellrobbe (Leptonychotes weddelli), Melchior-Inseln in der Dallmann-Bucht, Westantarktis.
Foto: W. Bulach, CC BY-SA 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0), via Wikimedia Commons

Der Entwurf der Kommission, die 1980 im Rahmen des Antarktisvertrags eingerichtet worden war, sah vor, jene zusammen fast vier Millionen Quadratkilometer umfassende Meeresfläche aus der kommerziellen Fischerei herauszunehmen. Dadurch sollten zwei Ziele verfolgt werden: Erstens sollte der generelle Schutzcharakter der Antarktis unterstrichen werden, was angesichts des Drucks auf die dortigen Ökosysteme sowohl durch den menschengemachten Klimawandel als auch durch wirtschaftliche Interessen (Fischfang, Tourismus, Pharmaindustrie bzw. allgemein Bioprospecting) als dringend geboten angesehen wird.

Zweitens war es nicht gelungen, dass, wie in den "Aichi-Zielen" von der 10. Vertragsstaatenkonferenz der Biodiversitätskonvention im Jahr 2010 vereinbart, bis Ende 2020 mindestens 10 Prozent der weltweiten Meeresfläche als Schutzgebiete ausgewiesen werden. Geschafft sind bis heute nur 7,7 Prozent, wobei ein Großteil dieser Fläche nur einen mäßigen Schutz genießt. Lediglich 2,9 Prozent der Meeresfläche gelten laut dem Marine Protection Atlas als vollständig oder hochgradig geschützt. Mit den drei neuen Schutzgebieten hätte sich der Wert um rund ein Prozent erhöht.

Das Alfred-Wegener-Institut für Meeresforschung (AWI), das den Schutzgebietsentwurf zum Weddellmeer ausgearbeitet hat, nennt zahlreiche Gründe, die für ein solches Vorhaben sprechen:

- Die weitgehende Unberührtheit des Gebiets erlaubt einzigartige Forschungen in einer Meeresumwelt, die nur einem sehr geringen menschlichen Einfluss unterliegt.

- In und unter dem Eis des Weddellmeers leben Bakterien und andere Mikroorganismen, die die Basis der Nahrungskette bilden. Auch ist es Heimat des Antarktischen Silberfischs (Pleuragramma antarctica), der ebenfalls ein unverzichtbarer Bestandteil der Nahrungskette ist.

- Die extremen Lebensbedingungen haben einzigartige Verhaltensweisen und Fähigkeiten der Tierwelt hervorgebracht.

- Mit ca. 14.000 Tierarten findet sich dort eine Artenvielfalt wie in einem tropischen Korallenriff.

- Dieses antarktische Randmeer dient als Rückzugsort für kälteliebende Arten, was auch in kommenden Zeiten der globalen Erwärmung wichtig sein könnte.

- Das Weddellmeer ist Heimat eines erheblichen Teils der Population der Kaiserpinguine und Antarktischen Sturmvögel und zugleich ein beliebter Tummelplatz für Meeressäuger.

Außerdem haben Erfahrungen mit Schutzgebieten gezeigt, dass sich die Bestände nicht nur innerhalb ihrer Grenzen erholen, sobald sie nicht mehr befischt werden, sondern auch außerhalb, so dass die - vom Standpunkt der Verwertungsabsichten betrachtet - "negativen" Auswirkungen auf die Fangmengen wahrscheinlich geringer ausfallen würden, als die nackten Zahlen im Vorfeld vermuten lassen. Weitere antarktischen Randmeere unter Schutz zu stellen wäre zumindest ein kleiner Schritt in die von der Staatengemeinschaft beschlossene Richtung gewesen.


Welliger Meeresboden mit zahlreichen Tieren darauf, dahinter eine steil aufragende Eiswand - Foto: National Science Foundation, public domain via Wikimedia Commons

Artenvielfalt im antarktischen Randmeer.
Dieser Bereich einer Eiswand und des Ozeanbodens bei Explorer's Cover, New Harbor, McMurdo-Sund, grenzt an eine ferngesteuerte Foto-Anlage. Eine Unterwasser-Kamera ist mit Einrichtungen an Land verkabelt, die Bilder per Funk in das Internet übertragen.
Im Wesentlichen sind folgende Arten zu sehen:
Kammmuschel (Adamussium colbecki)
Seeigel (Sterechinus neumayeri)
Stängelförmiger Schwamm (Homaxinella balfourensis)
Schlangenstern (Ophionotus victoriae)
Colossendeiden unbekannter Artzugehörigkeit (Colossendeis sp.)
Foto: National Science Foundation, public domain via Wikimedia Commons

Im Vorfeld der CCAMLR-Verhandlungen hatten eine Reihe von Organisationen wie Antarctica2020 und Greenpeace sowie fast 1,5 Mio. Menschen, die eine Petition unterzeichneten, versucht, die Positionen von Ländern wie Spanien, Frankreich, Deutschland bei der CCAMLR zu bekräftigen, damit zusätzlich zum Rossmeer noch weitere Meeresgebiete der Antarktis unter Schutz gestellt werden. Der Meeresschutzinitiative haben sich China und Russland als die mittlerweile einzigen verbleibenden CCAMLR-Vertreter nicht angeschlossen. Aufgrund des Einstimmigkeitsprinzips konnten sie das Vorhaben verhindern. Die Gründe für die Ablehnung sind vielschichtig und haben auch mit dem Verhalten mancher Befürworter des Entwurfs an anderen Stellschrauben der Weltpolitik zu tun.

Der ausgehandelte Kompromissvorschlag der CCAMLR sieht nun vor, dass über die Frage noch weiterverhandelt werden soll. Außerdem konnte eine vorläufige Einigung hinsichtlich des fortgesetzten Schutzes von Krill (Euphausia superba) getroffen werden, der eine wichtige Nahrungsgrundlage unter anderem für Wale, Pinguine und Seelöwen bildet. Eine endgültige Regelung steht allerdings auch in dieser Frage noch aus. Kurzum, es sieht nicht so aus, als würde die Menschheit in Umwelt- und Klimaschutzfragen an einem Strang ziehen. Oder doch, sie zieht an einem Strang ... allerdings aus entgegengesetzten Richtungen.

Umwelt- und Naturschutzorganisationen setzen sich mit der Initiative 30x30 dafür ein, dass unter der Ägide der Vereinten Nationen ein globales Hochseeschutzabkommen ausgehandelt und beschlossen wird, durch das bis 2030 sogar mindestens 30 Prozent der Ozeanflächen unter Schutz gestellt werden. Ein hehres Vorhaben, das allerdings die Frage aufwirft, ob dann die verbleibenden 70 Prozent um so stärker strapaziert werden.

Nun, zu der Hoffnung, fast ein Drittel der Meeresgebiete unter Schutz zu stellen, bietet das gegenwärtige Verhältnis der Staaten zueinander wenig Anlass. Fischereipolitik ist Geopolitik und birgt ein enormes Konfliktpotential. Das zeigt der aktuelle, lächerlich anmutende Streit zwischen Frankreich und dem Vereinigten Königreich um Fischereirechte bei den Kanalinseln. Das haben in der Vergangenheit auch die drei "Kabeljaukriege" (1958 - 1976) zwischen Island und dem Vereinigten Königreich, der "Buttkrieg" (1995) zwischen Kanada und Spanien gezeigt, um nur eine kleine Auswahl an Konflikten zu nennen. Zwar wird der Zusatz "-krieg" ziemlich verschwenderisch auch für solche nichtmilitärischen Auseinandersetzungen verwendet, doch gibt die Wortwahl durchaus treffend die starken Spannungen wieder, die sich rasch und unerbittlich insbesondere um Fischereirechte aufbauen können.

In der Antarktis setzt sich der Kalte Krieg fort, auch wenn dort vordergründig nur über den Schutz von einzigartigen Ökosystemen verhandelt wird. Angesichts des sich zuspitzenden weltpolitischen Konflikts zwischen dem Westen auf der einen Seite und China und Russland auf der anderen haben letztere keinen Grund, sich gegenüber ihren Widersachern an irgendeiner Stelle kompromissbereit zu zeigen. Zumal von ihnen die antarktischen Randmeere sehr viel stärker befischt werden als von den westlichen Nationen.


Zwei Pinguine beim Besteigen einer Felswand. Der obere scheißt, der untere duckt sich vor dem nassen, seilartigen Strahl weg - Foto: Georg Botz, CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0), via Wikimedia Commons

"Seilschaft" der Zügelpinguine (Pygoscelis antarctica)
Point Wild, nahe Furness-Gletscher an der Nordküste von Elephant Island, Südliche Shetlandinseln.
Foto: Georg Botz, CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0), via Wikimedia Commons

China diversifiziert seine Fischerei, um nicht in eine gefährliche Abhängigkeit von einigen wenigen Fischgründen zu geraten. Auf die Antarktis zu verzichten trüge dazu bei, die eigene Ernährungssicherheit zu gefährden. Warum sollte die chinesische Regierung das tun? Gewiss nicht, weil der Westen so freundlich darum bittet. Im Gegenteil, geopolitisch befindet sich die Welt in einer Vorkriegssituation. Seitens der USA und deren Verbündeten wird offen über einen bewaffneten Konflikt auch mit ultimativen Mitteln, sprich Nuklearwaffen, schwadroniert. Hinter der Ablehnung der Meeresschutzgebiete stehen taktisch-strategische Erwägungen und Positionen, die von allen Seiten erbittert umkämpft werden.

Deutlich wurde das, als Russland vor einigen Jahren Bedenken bei der Einrichtung eines Schutzgebiets im Rossmeer vorbrachte. Unter anderem wandte es ein, dass dies Einfluss auf die territoriale Einteilung der Antarktis haben könnte, wie Claire Christian 2016 in den Länderanalysen (Nr. 190) für das Center for Security Studies in Zürich schrieb.

Darum greift die Kritik der Greenpeace-Meeresbiologin Sandra Schöttner zu kurz, wenn sie China und Russland den Schwarzen Peter zuschiebt und hinsichtlich der enttäuschenden CCAMLR-Verhandlungsergebnisse erklärt: "Die Kommission soll Meeresschutzgebiete in der Antarktis schaffen, lässt sich aber Jahr für Jahr von einzelnen Bremserstaaten vorführen. China und Russland sehen in schmelzenden Polkappen lediglich größere Fischgründe und Möglichkeiten für industrielle Ausbeutung. Klimakrise und Artensterben ignorieren sie völlig."

Schöttner bezieht sich auf einen Beschluss der CCAMLR aus dem Jahr 2009, demzufolge binnen drei Jahren ein repräsentatives Netzwerk von Meeresschutzgebieten um die Antarktis einzurichten sei. Das ist bis heute nicht geschehen. Dennoch, die Behauptung, dass China und Russland die Klimakrise und das Artensterben "völlig" ignorieren, trifft in ihrer Absolutheit nicht zu. Beispielsweise hat Russland (gemeinsam mit Deutschland) im Südsommer 2013/14 im östlichen Weddellmeer Daten gesammelt, die genutzt wurden, um den Entwurf zur Ausweisung des Meeres als Schutzgebiet vorzubereiten, wie die CCAMLR seinerzeit berichtete (WG-EMM-14/23). Dass Russland dabei seine Fischtrawler genutzt hat, um nebenbei wissenschaftliche Daten zu sammeln, bietet sicherlich Anlass zu Kritik, aber ohne dieses Vorgehen lägen nun mal manche Informationen nicht vor.

Darüber hinaus hat ja Russland im Jahr 2016 zugestimmt, das Rossmeer als Schutzgebiet auszuweisen. Im August 2015 hatte es sogar eine führende Rolle bei der Einrichtung eines Meeresschutzgebiets in der Arktis eingenommen. Gemeinsam mit Kanada, Dänemark, Norwegen und den USA wurde der kommerzielle Fischfang in zentralen Bereichen des Arktischen Ozeans verboten.

Was die Einrichtung von nationalen Meeresschutzgebieten der höchsten Kategorie (highly protected) betrifft, die vom international anerkannten Marine Protection Atlas erfasst werden, liegt Russland im Nationenranking an 19. Stelle und damit zwar weit hinter dem Vereinigten Königreich und den USA, aber noch vor beispielsweise Portugal, Spanien, Italien, Deutschland und Japan. Solche Vergleiche sind sicherlich nur bedingt aussagekräftig, da die naturräumlichen Ausgangsbedingungen der einzelnen Länder höchst unterschiedlich sind, aber sie ermöglichen zumindest eine vorläufige Einschätzung.

China wiederum will maritime Großmacht werden. Es hat im vergangenen Jahr das in Finnland gebaute Fabrikschiff namens "Shen Lan" eingeweiht, mit dem Krill in antarktischen Randmeeren gefangen und sogleich an Bord verarbeitet werden soll. 2022 soll ein weiteres, noch größeres Fangschiff vom Stapel laufen, berichtete im Mai 2020 die in Washington ansässige Beratungsfirma RWR. 2019 habe Peking angekündigt, kleinere Krill-Verarbeitungsunternehmen mit umgerechnet 850 Millionen Dollar zu subventionieren, hieß es. All das zeigt, dass die Antarktis ein wichtiger Stützpfeiler der Eiweißversorgung des Landes darstellt.


Grünlich leuchtendes, krebsartiges Tier vor schwarzem Hintergrund - Foto: Dr. Wayne Trivelpiece, Public domain, via Wikimedia Commons

Antarktischer Krill (Euphausia superba)
Foto: Dr. Wayne Trivelpiece, Public domain, via Wikimedia Commons

Die Bedenken Russlands und Chinas bei der CCAMLR stammen womöglich auch daher, dass deren Aufgabe nicht eindeutig definiert ist. Die "Bewahrung der lebenden Schätze der Meere" kann auch als "nachhaltige Fischerei" interpretiert werden. Das hieße, dass zwar Überfischung verhindert, nicht aber Fischfang per se unterbunden werden soll.

Wer China für seine "Blockadehaltung" kritisiert, sollte zumindest bedenken, dass China in den letzten rund drei Jahrzehnten bis zu 800 Millionen Menschen aus tiefster Armut geholt hat. Der unmittelbare Hunger wurde weitgehend eingedämmt, was aber nur möglich war, weil das Land Nahrungsmittel importiert und den wachsenden Wohlstand der Menschen mit den dazu erforderlich hohen Einfuhren bedient hat. Dazu gehört auch der Aufbau einer riesigen Fischfangflotte.

Das Land verfügt über rund 2600 Hochsee-Fischereifahrzeuge, das sind mehr als dreimal so viele wie die nächsten vier Länder - Taiwan, Japan, Südkorea und Spanien - zusammen. Allerdings muss China auch über 1,4 Milliarden Menschen ernähren, wohingegen die vier genannten Länder zusammen auf nicht einmal 250 Millionen Menschen kommen. China hat also pro Kopf der Bevölkerung nur halb so viele Kapazitäten an Hochsee-Trawlern aufgebaut wie die vier genannten Länder zusammen. Die riesige Einwohnerzahl erfordert nun mal gigantische Anstrengungen, um die Grundbedürfnisse der eigenen Bevölkerung zu decken.

Das zeigt sich auch an Fischereisubventionen. 2018 lagen sie weltweit bei schätzungsweise 35,4 Milliarden Dollar, wovon knapp ein Fünftel (7,2 Milliarden Dollar) auf China entfielen. Damit liegt das Land, das ebenfalls knapp ein Fünftel der Weltbevölkerung aufweist, bei den Pro-Kopf-Subventionen für Fischerei im globalen Durchschnitt.

Diese Anmerkungen zeigen, dass die Entscheidung darüber, in der Antarktis drei weitere Meeresschutzgebiete einzurichten, komplexen Interessen folgt und ganz andere Maßstäbe anzulegen sind, als für oder gegen einen besseren Schutz des Klimas und der Biodiversität zu sein.

Dass in China die Explosion der Produktivkräfte innerhalb weniger Jahrzehnte auch zu Umweltschäden und Überfischung der eigenen Gewässer beigetragen hat, verwundert nicht. Zum Vergleich: Die etwas langsamere Entfaltung der Produktivkräfte der westlichen Welt über die letzten rund 200 Jahre hat maßgeblich die globale Erwärmung ausgelöst, von der alle anderen Staaten betroffen sind, einige von ihnen sogar existentiell, da sie noch in diesem Jahrhundert untergehen werden.

Wenn nun China und Russland es ablehnen, weitere Meeresgebiete bei der Antarktis vom Fischfang auszunehmen, dann tragen all die anderen Staaten, die entweder unter dem uneingelösten Versprechen einer internationalen Zusammenarbeit oder gar auf anderen Feldern der Begegnung geradezu Feindseligkeit an den Tag legen, eine Mitverantwortung für den mangelhaften globalen Meeresschutz.


1. Dezember 2021

veröffentlicht in der Schattenblick-Druckausgabe Nr. 170 vom 4. Dezember 2021


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