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WALD/012: Hambacher Forst - Schikane, Rechtsbruch und Mißachtung (SB)


Hambacher Forst - 16. November 2012, 18.00 Uhr

Räumung und Gewahrsam - Vorwürfe gegen die Polizei

Aktionsplakat: Stilisierter Baum mit der Aufschrift 'Hambacher Forst bleibt!' - © www.ausgeco2hlt.de

Aktionsplakat
© www.ausgeco2hlt.de

Nicht nur die gegenwärtig noch andauernde Räumung des letzten Waldbesetzers, der sich noch immer im Tunnellabyrinth aufhält, wirft Fragen nach dem Vorgehen der Polizei auf. Bei der seit Dienstag durchgeführten Räumung des von Braunkohlegegnern und -gegnerinnen besetzt gehaltenen Terrains des Hambacher Forstes sollen bislang insgesamt 22 Menschen in Gewahrsam genommen worden sein, gegen zehn weitere wurden Aufenthaltsverbote ausgesprochen. Von den Festgenommenen wurden unterdessen Vorwürfe gegen die Polizei erhoben, die, sollten sie sich bei näherer Untersuchung als begründet und zutreffend erweisen, vermuten lassen könnten, daß die Ordnungskräfte nicht nur das fragliche Waldgebiet von aus Sicht der Braunkohleverstromung unliebsamen Störern befreien, sondern zugleich auch abschreckend auf diese wie auch andere potentielle Waldbesetzer einwirken wollten.

Wie einem Blog-Eintrag des "Hambacher Forstes" [1] zu entnehmen ist, machen die Waldbesetzer und -besetzerinnen folgende Vorwürfe geltend: Beim Beginn der Räumung sei seitens der Polizei keine Aufforderung an sie ergangen, das Gebiet zu verlassen. Den Betroffenen sei nicht die Gelegenheit eingeräumt worden, ihre persönlichen Sachen zusammenzupacken oder das Gelände freiwillig zu räumen. Viele sollen festgenommen worden sein, so auch ein Pressevertreter mit gültigem Presseausweis, der sich zufällig dort aufgehalten hatte. Diejenigen, die sich angekettet hatten oder hoch in die Bäume geklettert waren, hätten auch nach Stunden keine Nahrung bekommen, weshalb einige später in Krankenhäuser eingeliefert werden mußten.

Die Angeketteten sollen, so die Vorwürfe, beschimpft und bedroht worden sein, was unter ihnen zu konkreten Traumatisierungen geführt habe. Es seien Worte gefallen wie: "dann läuft halt das Rohr voll Blut", "Arm ab", "die Besten sterben jung", "wenn wir das Loch fluten, können wir das Tauchteam einsetzen" [1] etc. Ungeachtet eindringlicher Warnungen seitens der Waldbesetzer soll die Polizei mit schwerem Gerät in den Bereich des Tunnelsystems gefahren sein, in dem sich noch immer der letzte Waldbesetzer versteckt hält. Dessen Verlobte sei am Anfang zwanzig Stunden lang daran gehindert worden sein, mit ihm in Kontakt zu treten.

Auf der Suche - Polizeibeamte stochern im Laub herum -Quelle: http://de.indymedia.org/2012/11/337919.shtml, CC BY-SA 2.0

Polizisten im Einsatz bei der Räumung des Protestcamps im Hambacher Forst
Quelle: http://de.indymedia.org/2012/11/337919.shtml, CC BY-SA 2.0

Doch nicht nur bei den Räumungsaktionen, sondern auch danach, im polizeilichen Gewahrsam, soll es zu Übergriffen und Rechtsbrüchen gekommen sein. Ausländer, die kein Deutsch sprechen können, sollen ohne Dolmetscher geblieben sein. Vielen Festgenommen soll es, bis auf eine Ausnahme, verwehrt worden sein, einen Anwalt, einen nahen Angehörigen oder den Ermittlungsausschuß (der Waldbesetzer) anzurufen. Anderen Aktivisten sollen die Schuhe weggenommen worden sein, so daß sie bei fast eisigen Temperaturen gezwungen waren, auf Socken bis zur Gewahrsamsstelle zu laufen. Etliche sollen während des Gewahrsams gezwungen worden sein, ihre Kleidung abzulegen und sollen sich, nur mit Unterwäsche bekleidet, in den Zellen aufgehalten haben, wo ihnen auch auf Nachfragen keine Decken ausgehändigt worden sein sollen.

Auch wurden Vorwürfe erhoben, Polizisten hätten Menschen persönlich beleidigt, sogar zu physischer Gewaltanwendung sei es gekommen. In Köln-Kalk sollen Festgenommene, die sich ohne richterliche Anordnung nicht erkennungsdienstlich behandeln lassen und dagegen Widerspruch einlegen wollten, mit physischem Zwang dazu gebracht worden sein, oftmals begleitet von Gelächter und abfälligen Bemerkungen. Auch sollen den Festgenommenen falsche Auskünfte gegeben worden sein etwa derart, daß ihnen die sofortige Freilassung versprochen wurde, wenn sie sich erkennungsdienstlich behandeln ließen, was aber nicht stimmte, da die Betroffenen dann doch noch stundenlang in einer kalten Zelle ausharren mußten.

Polizisten und Hilfskräfte im Wald, im Hintergrund Fahrzeuge -Quelle: http://de.indymedia.org/2012/11/337919.shtml, CC BY-SA 2.0

Aus Sicht des Waldes weder Freunde noch Helfer
Quelle: http://de.indymedia.org/2012/11/337919.shtml, CC BY-SA 2.0

Fußnote:
[1] Quelle: Schwere Vorwürfe gegen Vorgehen der Polizei bei Räumung und in Polizeigewahrsam, Meldung vom 16.11.2012, ca. 10.00
Hambacher Forst
E-Mail: hambacherforst@riseup.net
Internet: http://hambacherforst.blogsport.de/kontakt/

16. November 2012