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DEBATTE/007: Notizen zum Film "Water makes Money" (BBU WASSER-RUNDBRIEF)


BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 957 vom 14. Nov. 2010 - 30. Jahrgang

"Water makes Money": Kein Schnee von gestern!

Zur Erwähnung des Films "Water makes Money" im RUNDBR. 956 (*) haben uns einige klarstellende Notizen von MARKUS HENN erreicht:


Der Film "Water Makes Money" sorgt zurzeit in der Wasserszene für Diskussionen. Neben der erwartbaren Kritik von Seiten der kritisierten Konzerne (siehe z.B. RUNDBR. 956) gibt es auch in wohlwollenden Kreisen kritische Stimmen. Auf einige Kritikpunkte soll im Folgenden eingegangen werden: Zunächst muss man die Motivation des Filmes kennen. Der Film entspringt der Erkenntnis, dass die französischen Wasser-Großkonzerne trotz einiger Rückschläge weiterhin global gesehen und in Deutschland auf dem Vormarsch sind. Deshalb sollte möglichst umfassend das "französische Modell" einer privat beherrschten Wasserversorgung, die Rolle der Politik dabei und die Folgen für die Wasserpolitik unter die Lupe genommen werden. Nachdem dieses Modell schon viele Jahrzehnte existiert, reicht die Betrachtung auch in die Vergangenheit zurück und greift frühere Korruptionsfälle wie Montpellier oder das in Frankreich anscheinend inzwischen verbotene, aber in Braunschweig jedenfalls wiederbelebte "Eintrittsgeld" auf. Solche Dinge sind kein "Schnee von gestern", sondern eben die realen Begleiterscheinungen von Privatisierungen, die in Politik und in Wissenschaft gern ausgeblendet werden (wobei Stimmen aus Frankreich den Fall Montpellier als zu verkürzt dargestellt kritisieren).


"Water makes Money": Triefende Rohrnetze im französischen "Modell"

Doch beschränkt der Film sich keineswegs auf ältere und abgeschlossene Fälle, vielmehr ist der Großteil der Fälle sehr aktuell. So wurde SUEZ in Bordeaux, wo der Konzern mit Bilanztricks 29% Rendite gemacht hatte, erst vor wenigen Jahren von der Kommune zu Rückzahlungen gezwungen. Noch aktueller sind Toulouse, Braunschweig, Paris, Brest - oder Berlin mit den noch immer gültigen Geheimverträgen und Gewinngarantien, gegen die jetzt bald ein Volksbegehren laufen könnte. Die Liste ließe sich über den Film hinaus fortsetzen. Eine andere VEOLIA-Replik behauptet, dass ihre Rohrnetze doch hervorragend seien. Wie erklären sich dann die höheren Wasserverluste von privaten Betreibern gegenüber öffentlichen in Frankreich, die der Film darstellt (die Zahlen übrigens aus einem Artikel von Ende 2009)? Wie erklärt sich - was der Film nicht erwähnt - der im Schnitt weit geringere Wasserverlust im weitgehend öffentlich versorgten Deutsch land (7%) im Vergleich zu Frankreich (26%)? Und warum sind dann in Deutschland zu 96% des Abwassers auf Reinigungsstufe 3 gereinigt, in Frankreich aber nur 36%? [Anm.: Der im RUNDBR. 956/2 zitierte Hinweis des Pressesprechers VEOLIA DEUTSCHLAND auf den guten Zustand der Rohrnetze in den von VEOLIA versorgten Kommunen bezog sich ausdrücklich auf die VEOLIA-Niederlassungen in Deutschland.]


"Water makes Money": Schmeckt das französische Modell nach Chlor?

Was die Chlorung des Wassers durch die Konzerne angeht, wurde aus Frankreich angemerkt, die Chlorung sei gesetzlich vorgeschrieben. Das entlastet die Konzerne auf den ersten Blick. Allerdings geht es dem Film, wie gesagt, auch um die Frage, welche Wasserpolitik sich mit Privatisierung verbindet. Also muss die Frage lauten: warum muss in Deutschland keine Chlorung so vorgeschrieben werden wie in Frankreich? Warum gibt es in München und Hamburg schon jetzt große Biolandbau gebiete zum Schutz des Grundwassers, während man in Paris erst damit beginnt?


"Water makes Money": Trinkwassertrinker müssen sich einmischen!

Dass die Konzerne schlecht gemacht werden, muss diesen natürlich gegen den Strich gehen. Doch auch manche unabhängige Kritiker monieren die angebliche Einseitigkeit des Films und finden, dass andere an den Problemen Schuldige, vor allem die Politik, zu gut wegkämen. Allerdings widmet der Film auch den Politikern viel Zeit, die sich zum Komplizen einer bürgerfeindlichen Wasserpolitik machen, indem sie sich bestechen lassen oder mit "Eintrittsgeldern" Wahlgeschenke finanzieren. Der Film versteht sich insofern auch als Aufforderung, der Politik besser auf die Finger zu sehen und sich als Bürgerin und Bürger in Wasserfragen einzumischen. MARKUS HENN ist als Bürger aktiv beim Berliner Wassertisch, bei WasserInBürgerhand und bei der europäischen Attac-Wassergruppe Aquattac. Er hat an der Entstehung des Films "Water Makes Money" mitgewirkt. Kontakt: markus-henn@web.de.


(*) Anmerkung der Schattenblick-Redaktion:
siehe www.schattenblick.de → Infopool → Umwelt → Wasser →
DEBATTE/006: Disput um den Film "Water makes Money" (BBU WASSER-RUNDBRIEF)


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Quelle:
BBU-WASSER-RUNDBRIEF - Nr. 957/2010
Herausgeber:
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© Freiburger Ak Wasser im BBU


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Dezember 2010