Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg
ALDEBARAN Marine Research & Broadcast
Pressemitteilung - Montag, 1. August 2016
Schadstoffbelastung durch Plastik-Giftcocktails im Sediment höher als erwartet
Zu alarmierenden Ergebnissen kommt die Untersuchung von Mikroplastik im Sediment von Elbe, Weser, Trave, der Boddengewässer und der Nord- und Ostsee: Mikroplastik bindet deutlich mehr Schad- und Giftstoffe im Sediment als bisher vermutet. Die kleinen Plastikteilchen sind um das Drei- bis Vierfache stärker belastet als das ohnehin schon kontaminierte Sediment. Die größte Schadstoffbelastung wurde nahe der Kläranlage Lübeck gemessen.
Foto: © ALDEBARAN
Seit 2015 untersucht ein Forscher-Team um Prof. Dr. habil. Gesine Witt von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW Hamburg) im Rahmen eines vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Forschungsprojektes neben der Schadstoffbelastung auch die Plastik-Vermüllung im Sediment. Auf zwei Expeditionen mit dem Forschungsschiff ALDEBARAN wurde die Kontaminierung im Sediment über drei Monate mit eigens von der HAW Hamburg entwickelten Plastik-Schadstoffsammlern gemessen. Anschließend wurden die Proben im Labor der HAW-Fakultät Life Sciences auf Schadstoffkonzentrationen untersucht.
Foto: © ALDEBARAN
Was man bis jetzt weiß ist, dass kleinste Plastikteile auf Schadstoffe wie Magnete wirken: Je länger sie sich im Wasser befinden, desto mehr Giftstoffe binden sie an sich und bilden eine Art Giftcocktail. Lagern sie sich im Sediment ab, können sie durch Würmer, Muscheln und Fische in die menschliche Nahrungskette gelangen.
Bislang vermutete das Forscher-Team, dass die Belastung von Mikroplastik mit Schadstoffen im Vergleich zu dem umliegenden Sediment mindestens doppelt so hoch sei. Mit den aktuellen Messdaten haben die Forscher um Prof. Dr. habil. Gesine Witt nun ein erweitertes Schadensbild: "Mit 50 Probensammlern konnten wir nachweisen, wie stark Mikroplastikteile in Sedimenten tatsächlich belastet sind. Die kleinen Plastikteilchen sind um das Drei- bis Vierfache stärker belastet als das ohnehin schon kontaminierte Sediment. Zusätzlich wissen wir nun besser, wo sich die unterschiedlich großen Teile nach ihrem Gebrauch im Gewässer oder im Sediment aufhalten".
Foto: © ALDEBARAN
Zusätzlich beklemmend ist die weitere Erkenntnis: "Schlickhaltiges Sediment nimmt im Gegensatz zu sandhaltigem deutlich mehr Schadstoffe auf, was im Umkehrschluss auch mit einer höheren Belastung des Mikroplastiks einhergeht. Darüber hinaus können wir mit den Ergebnissen der untersuchten Silikon-Proben aus den Probensammlern und vergleichenden Labortests auf die schadstoffbindenden Eigenschaften von Polyethylen schließen. Demnach bindet Polyethylen noch einmal etwa doppelt so viele Schadstoffe wie Silikon", warnt die Umweltchemikerin Prof. Dr. Gesine Witt, "denn Polyethylen ist der in der Industrie meistverwendete Kunststoff".
Die Ergebnisse der Untersuchungen zeigen, dass insbesondere Mikroplastik aus Weser- und Elbsedimenten erhöht mit PCBs belastet ist. Hier traten Konzentrationen im Bereich von 1,5 bis 280 µg pro kg Polyethylen auf.
Die höchste Belastung durch polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) wurde in den Hafensedimenten des Stralsunder Hafens und des Fischereihafens Marienehe (Rostock) ermittelt. Dies liegt vorwiegend daran, dass Öl- und Ölprodukte wie Dieselkraftstoffe PAK enthalten - einige davon sind krebserzeugend. Die maximale Schadstoffbelastung wurde mit bis zu 1400 µg Fluoranthen pro kg Silikon nahe der Kläranlage Lübeck gemessen. Weitere hohe Belastungswerte fand das Team ebenfalls in der Wesermündung und der Warnow bei Rostock.
Mit dem Hamburger Forschungsvorhaben verbunden waren Projekte der Universität Bayreuth und des Geoforschungszentrums Potsdam, bei denen Mikroplastikproben im Wasserkörper mit Spezialnetzen gesammelt wurden. Erstmals kamen Satellitenbeobachtungen für die Identifikation von Plastik in Gewässern zum Einsatz. Mit dem auf Flachwasser spezialisierten Segelschiff legten die Wissenschaftler/innen insgesamt 1.025 Seemeilen (etwa 2.000 km) auf norddeutschen Flüssen und Küsten zurück. Die Expeditionen auf der ALDEBARAN wurden vom Portal Deutsche Forschungsschiffe, der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Das Forschungsprojekt hat ein Volumen von mehr als 200.000 Euro und finanziert sich aus Mitteln der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH), der HAW Hamburg und weiteren Drittmitteln. Unterstützt wird es ebenfalls von ALDEBARAN Marine Research & Broadcast.
Die ALDEBARAN: ein segelndes Forschungsschiff
Um mit Forschungstaucheinsätzen, Bodengreifern und Wasserschöpfern bei
geringem Tiefgang effektiv in der Elbe und den Küstengewässern
Plastikmüll-Verunreinigungen aufzuspüren, nutzen die
Wissenschaftler/innen das dafür bewährte und flachwassergängige
Forschungsschiff ALDEBARAN. Das 14 Meter lange und privat betriebene
Forschungs-Segelschiff ist seit knapp 25 Jahren im Dienste der
Wissenschaft mit einem modern ausgestatteten Mini-Labor und mit einem
kleinen Radio-Studio an Bord für eine aktuelle
Wissenschaftskommunikation vor Ort unterwegs, um über Meeres- und
Klimathemen zu informieren. Die Forschungsergebnisse und das
Forschungsschiff ALDEBARAN werden auch auf dem Tag der offenen Tür der
Bundesregierung vor dem Bundesverkehrsministerium Ende August in
Berlin präsentiert.
Weitere Informationen zum Forschungsprojekt und den Expeditionen:
http://bit.ly/2a1PwOx; http://bit.ly/2a5KhyA
www.haw-hamburg.de/uploads/tx_atlpressemappe/Impetus_24.pdf (Seiten 34
bis 36)
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Quelle:
Pressemitteilung, 01.08.2016
ALDEBARAN Marine Research & Broadcast
Grimm 12, 20457 Hamburg
Tel.: 040/325721-0, Fax: 040/325721-21
E-Mail: buero@aldebaran.org
Internet: www.aldebaran.org
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Berliner Tor 5, 20099 Hamburg
Tel.: 040/42875-9132, Fax: 040/42875-9019
E-Mail: presse@haw-hamburg.de
Internet: www.haw-hamburg.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 2. August 2016
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