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KONTROLLE/012: Wasserversorger und Umweltverbände lehnen zentrale Regulierungsbehörde ab (BUND)


Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) - Pressemitteilung vom 14. Juli 2010

Wasserversorger und Umweltverbände gemeinsam gegen eine Regulierung der Wasserversorgung


Gemeinsame Erklärung des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) und der Umweltverbände Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU), Grüne Liga und Wasser in Bürgerhand

Angesichts der Ausführungen der Monopolkommission zur Wasserwirtschaft in Deutschland und einer möglichen Regulierung weisen die Verbände der Wasserwirtschaft und der relevanten Umweltverbände diese Forderungen mit Nachdruck zurück.

HANS-JOACHIM RECK, Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), verweist in seiner Bewertung des heute vorgelegten Hauptgutachtens [1] der Monopolkommission auf den Verbraucher: "Der heutige Ruf der Monopolkommission nach einer Regulierung kann nicht mit Verbraucherinteressen begründet werden. Die Verbraucher wollen keine Regulierung in der Wasserwirtschaft. Die Monopolkommission steht hier alleine auf weiter Flur." Nahezu drei Viertel der Verbraucher beziehen ihr Trinkwasser am liebsten von einem kommunalen Versorger. Sie sind zu mehr als 90 Prozent mit der Qualität und der Versorgungssicherheit der kommunalen Wasserwirtschaft zufrieden. Und 75 Prozent der Verbraucher finden ihren Wasserpreis angemessen. Das belegen regelmäßige Haushaltbefragungen durch dimap und Emnid. Es ist völlig unverständlich, warum die Monopolkommission die Forderung nach einer weiteren Kontrollinstanz aufstellt und massiv in funktionierende Strukturen eingreifen will. Die Wasserversorgung ist eine kommunale Kernaufgabe der örtlichen Daseinsvorsorge. Städte und Gemeinden treffen die nötigen Organisationsentsch eidungen. Sie sind nah dran und finden die besten Lösungen für ihre Bürger vor Ort. Die Bürger sind in die Entscheidungsprozesse eingebunden. All das kann eine zentrale Regulierungsbehörde weit weg vom Verbraucher nicht leisten.

"Trinkwasser als das Lebensmittel Nummer eins unterliegt zu Recht strengen umwelt- und gesundheitsrechtlichen Anforderungen. Qualität und Versorgungssicherheit müssen bei der Wasserversorgung absoluten Vorrang haben. Bei einer Fokussierung allein auf die Wasserpreise und einer Reduzierung der Wasserwirtschaft auf eine reine Ökonomiediskussion werden Qualität, Versorgungssicherheit und Umweltschutz nicht im erforderlichen Umfang berücksichtigt. Hinter dem Lebensmittel Wasser steht eine Vielzahl von Dienstleistungen, die von Ort zu Ort sehr unterschiedlich sind. Dies führt zwangsläufig zu regional unterschiedlichen Preisen", sagte MARTIN WEYAND, Hauptgeschäftsführer Wasser/Abwasser des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Klar sei aber auch, dass die Verbraucher einen Anspruch auf Transparenz bei den Wasserpreisen haben. Deshalb fördere der BDEW den Dialog mit den Kunden durch das Konzept der Kundenbilanz. "Die Verbraucher können so auf anschauliche Weise nachvollziehen, wie sich bei diesen Unternehmen der Preis für die unterschiedlichen Leistungen zusammensetzt", so WEYAND.

VERONIKA BAIER von "Wasser in Bürgerhand" kommentiert die Versuche, die Wasserversorgung einem pauschalen Regulierungsregime zu unterwerfen: "Auch wenn es auf den ersten Blick anders aussieht: Das Beharren der Kartellwächter auf niedrigeren Wasserpreisen ist keine Tat Robin Hoods zur Verteidigung der Interessen armer Menschen, sondern ein Anschlag auf Substanzerhaltung, Nachhaltigkeit und Qualität der Wasserversorgung". Zum Begehren der hessischen Kartellbehörden, die Wasserpreise in Frankfurt und Kassel um bis zu 40 Prozent zu senken, führte BAIER weiter aus: "Der durchschnittliche Gewinn der Wasserversorgungsunternehmen liegt laut einer Umfrage des ehemaligen BGW unter drei Prozent. Wenn die Unternehmen gezwungen werden, die Preise um fast 40 Prozent zu senken, ist eine nachhaltige Wasserwirtschaft nicht mehr möglich. Der allergrößte Teil der Kosten, etwa 80 Prozent, wird verursacht durch Instandhaltung und Erneuerung der Rohrleitungen und der technischen Anlagen. Bei einem derartigen Einsparungsdruck wäre das Verlottern-Lassen des Leitungsnetzes schon vorprogrammiert."

MICHAEL BENDER von der Grünen Liga begrüßte, dass das Vorgehen der Kartellbehörden gegen die Wasserversorger in einigen Kommunen dazu führe, sich Gedanken über eine Stärkung der bürgerschaftlichen Teilhabe an den Geschicken der Wasser- und Abwasserentsorgung zu machen. Der Wasserexperte warnte aber vor der Illusion, dass im Gefolge einer Rekommunalisierung die Wassergebühren drastisch sinken würden. Nicht nur die Kommunalabgabengesetze der Bundesländer, sondern auch die EG-Wasserrahmenrichtlinie verpflichten die Kommunen zu kostendeckenden Wasserpreisen. Diese müssten zudem auch Umwelt- und Ressourcenkosten widerspiegeln. Die von der Monopolkommission empfohlene Regulierung der Wasserversorgung unter rein fiskalischen Aspekten würde aber die ökologischen Vorsorgemaßnahmen vieler Wasserversorger - und damit auf Dauer auch die Trinkwasserqualität - torpedieren.

SEBASTIAN SCHÖNAUER vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hob hervor, hob hervor, dass die kommunale Selbstverwaltung in der Tradition der Bürgerkommune auch eine aktive Einbindung der Verbraucherinnen bei der Preisgestaltung beinhalten müsse. Das von der Monopolkommission empfohlene Regulierungsregime durch die Bundesnetzagentur untergrabe die kommunale Selbstverwaltung und das bürgerschaftliche Engagement in einem Kernbestandteil der Daseinsvorsorge. Ferner kritisierte der Wasserexperte des BUND die weitgehend intransparente Zuordnung von Preisbestandteilen bzw. Preisabschlägen durch die Kartellbehörden. Die Überprüfung der Preise durch die Kartellbehörden sei für externe Beobachter kaum nachvollziehbar. "Wir brauchen nicht nur gläserne Wasserwerke, sondern auch die gläserne Kartellbehörde!", so der Sprecher des Bundesarbeitskreises Wasser des BUND und stellvertretende Bürgermeister der Gemeinde Rothenbuch im Spessart. In der Praxis komme erschwerend hinzu, dass die Beweislast bei Preisgestaltung in den Kartellverfahren allein den Trinkwasserversorgern aufgehalst werde.

NIKOLAUS GEILER vom Arbeitskreis Wasser im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) erklärte, dass die Umweltverbände von den Wasserversorgern eine glasklare Transparenz bei der Wasserpreisbildung erwarten. Nur wenn die Wasserversorger von sich aus die Karten auf den Tisch legen, könne man der Monopolkommission den Wind aus den Segeln nehmen. Anstatt einer zentralen Regulierung bedürfe es "gläserner Wasserwerke", die vor Ort Rechenschaft über die Preisgestaltung ablegen. In der Abwehr zentralistischer Regulierungsversuche seitens der Monopolkommission und der Kartellbehörden seien sich Wasserwerker und Umweltschützer im Interesse einer dauerhaft gesicherten Trinkwassergüte einig.

LINKS [Red.]
[1] http://www.monopolkommission.de/aktuell_hg18.html


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Quelle:
BUND-Pressedienst, 14.07.2010
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)
Freunde der Erde Deutschland
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Juli 2010