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MELDUNG/001: Wolkenbrüche brechen Abflussrekorde (BBU WASSER-RUNDBRIEF)


BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 953 vom 10. September 2010 - 29. Jahrgang

regioWASSER e.V. - Freiburger Arbeitskreis Wasser im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU)

Wolkenbrüche brechen Abflussrekorde


An großen Stromsystemen wie dem Rhein entstehen Extremhochwässer, wenn über weiten Teilen des Einzugsgebietes lang anhaltende und intensive Niederschläge niedergehen, gegebenenfalls in Verbindung mit einer raschen Schneeschmelze in den Mittelgebirgen bzw. in den Alpen. An kleineren Flüssen sind es zunehmend Wolkenbrüche ("Starkniederschlagsereignisse"), die für "Land unter" sorgen. Und die Intensität und die Häufigkeit von lokal- oder regional begrenzten Starkniederschlagsereignissen scheint im Gefolge des Klimawandels zuzunehmen. Ende August 2010 hat es u.a. das Einzugsgebiet der Dinkel im Städtedreieck Ahaus - Heek - Gronau getroffen. Dabei kam es in dem Flüsschen Dinkel zu den höchsten bisher verzeichneten Wasserständen und Abflüssen. Das Tief "Cathleen" hatte am 27. und 28. August extrem ergiebige Niederschläge auf recht begrenztem Raum niedergehen lassen. Die dadurch erzeugten Abflüsse waren teilweise doppelt so hoch wie alle aufgezeichneten Abflüsse in der Vergangenheit. Erstaunlich war, dass sich die Hochwasserwelle in der Dinkel langsamer flussabwärts wälzte als angenommen. An Engstellen wie Brücken kam es zu Verwirbelungen und Walzenbildung, die den Abfluss bremsten. Dadurch entstand eine Rückhaltewirkung (Retention), die die Abflussgeschwindigkeit des Hochwasserscheitels deutlich verlangsamte und abflachte. Ohne dieses in "In-die-Längeziehen" des Abflussscheitels wären die Überflutungsschäden noch schlimmer ausgefallen. Ein nur wenige Zentimeter höherer Wasserstand hätte vielerorts ungleich höhere Schäden als "nur" vollgelaufene Keller verursacht. Das Besorgniserregende: Wäre ein vergleichbares Niederschlagsereignis beispielsweise über dem Emscher-Einzugsgebiet niedergegangen, wären in den Bergsenkungsgebieten die Häuser wohl teilweise bis zum zweiten Stock im Wasser gestanden. Um aus den Bergsenkungsgebieten die Regenfluten wieder abzupumpen, hätte es vermutlich Wochen gebraucht. Ähnlich intensive Niederschläge hatten im August auch zu einem "Binnenhochwasser" im Oderbruch geführt. Das ehemals der Oder abgetrotzte Oderbruch stand ziemlich komplett unter Wasser, obwohl die Oder selbst zu dem Zeitpunkt kein nennenswertes Hochwasser führte. Es steht zu befürchten, dass die Zunahme lokal oder regional begrenzter Extremniederschlagsereignisse künftig auch dort zu Hochwasser führen wird, wo man Hochwasser seit Menschengedenken bislang gar nicht kannte. Die Siedlungswasserwirtschaft hat sich auf dieses Phänomen bislang noch kaum eingestellt. Erste Überlegungen gehen dahin, Sportplatzgelände, Parkanlagen, Parkplätze und das "Abstandsgrün" zwischen Gebäuden sowie andere geeignete Flächen topographisch so zu trassieren, dass diese Areale als Hochwasserrückhaltepolder fungieren können.


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Quelle:
BBU-WASSER-RUNDBRIEF - Nr. 953/2010
Herausgeber:
regioWASSER e.V. - Freiburger Arbeitskreis Wasser
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. November 2010