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SOZIALES/011: Mexiko - Katastrophen-Tourismus unerwünscht, Maya-Ethnie kämpft für mehr Rechte (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 20. Januar 2012

Mexiko: Katastrophen-Tourismus unerwünscht - Maya-Ethnie kämpft für mehr Rechte

von Emilio Godoy


Mexiko-Stadt, 20. Januar (IPS) - Nach mehr als 5.000 Jahren beginnt im kommenden Dezember nach der Langen Zählung des Maya-Kalenders eine neue Zeitspanne. Die Regierung hofft, dass die 'Maya-Prophezeiungen' scharenweise Besucher ins Land locken werden. Die Indigenen, die bei den Planungen der diesjährigen Tourismusaktivitäten übergangen wurden, fürchten dagegen um den Erhalt ihrer archäologischen Stätten.

Wie Vertreter von Maya-Organisationen erklärten, verlangen sie eine Beteiligung an den offiziellen Feiern, in die die Regierung umgerechnet etwa 49 Millionen US-Dollar investiert. Die am 16. Januar vorgestellte Werbekampagne 'Mundo Maya' ('Welt der Maya') will Touristen aus dem In- und Ausland zum Besuch von Ureinwohnergebieten in fünf Bundesstaaten im Südosten Mexikos animieren. Dort befinden sich die Überreste von Dutzenden historischen Maya-Städten.

"Sie haben unsere Stimme nicht hören wollen und nehmen keine Rücksicht auf uns. Nur die Wirtschaft wird profitieren", beschwerte sich Artemio Kaamal, Koordinator des unabhängigen Ständigen Forums zur Indigenen Politik 'Kuxa'ano'on'. "Wir haben Angst, dass unsere heiligen Stätten beschädigt werden."

Die kommerzielle Ausrichtung der Feiern lasse die Maya-Kultur völlig außer Acht, kritisierte er. Die 2005 gegründete Vereinigung, deren Name 'Wir leben' bedeutet, engagiert sich in den Bundesstaaten Campeche, Chiapas, Quintana Roo, Tabasco und Yucatán für die Rechte der indigenen Völker Mexikos.


Maya stellen sich gegen Weltuntergangsvorhersagen

Das Ende der langen Kalenderperiode am 21. Dezember nährt allerlei Spekulationen über bevorstehende Katastrophen. Die Maya selbst distanzieren sich von solchen Vorhersagen, aus denen die konservative Regierung von Präsident Felipe Calderón hingegen Kapital schlagen will.

Die Tourismuskampagne zielt auf das eigene Land sowie die USA, Europa und Asien ab. Geworben wird für die gesamte mesoamerikanische Region, zu der außer dem Südosten Mexikos die Staaten Belize, El Salvador, Guatemala und Honduras gehören. Mexiko hofft darauf, dass insgesamt rund 52 Millionen Urlauber die Maya-Stätten besuchen und 14 Milliarden Dollar ins Land bringen. Zu den Programmpunkten gehören zahlreiche Veranstaltungen über Gastronomie, Archäologie und Astronomie.

Historikern zufolge nahm der nun endende große Zyklus mit 13 'Baktunen' von jeweils 144.000 Tagen im Jahr 3.114 vor Christus seinen Anfang. Am 21. Dezember beginnt die neue Zeitrechnung.

Die Ureinwohner ärgert, dass sie bei den offiziellen Planungen nicht mitreden dürfen. "Unsere Partner im Zentrum und im Süden des Landes haben uns mitgeteilt, dass sie von den Projekten der Regierung nichts wissen, obwohl die Veranstaltungen in ihren Territorien stattfinden", sagte Cecilio Solís, Präsident des Indigenen Tourismus-Netzwerks in Mexiko (RITA). Für die Maya seien die Prophezeiungen keine Folklore, sondern Teil ihrer Geschichte. In RITA sind 160 Ureinwohnerverbände organisiert.

Von den 112 Millionen Mexikanern gehören 6,6 Millionen indigenen Gemeinschaften an, wie ein 2010 durchgeführter Zensus des Nationalen Statistikamts ergab. Etwa 786.000 von ihnen sind Maya. Nach der staatlichen Zählung werden den Ureinwohnern alle Mexikaner über fünf Jahren zugerechnet, die eine indigene Sprache sprechen.


Mehr als eine Million indigener Kleinunternehmen

Ureinwohnerorganisationen gehen allerdings davon aus, dass der Anteil der Ureinwohner an der Bevölkerung in Wirklichkeit bei mehr als zehn Millionen liegt. Bis zur Ankunft der Spanier im 16. Jahrhundert beherrschten die Azteken den südlichen und zentralen Teil Mexikos. Im Südosten übten jedoch die Maya durch ihre Kunst, Wissenschaft und Astronomie großen Einfluss aus.

Eine nationale Untersuchung zur Diskriminierung in Mexiko stellte 2010 fest, dass gesellschaftliche Ausgrenzung, Armut und mangelnde Hilfe der Regierung die größten Probleme der ethnischen Minderheiten sind. Schätzungen zufolge gibt es derzeit in den Ureinwohnergebieten etwa 1,2 Millionen Kleinst- und Kleinunternehmen, die in unterschiedlichen Bereichen wie Ökotourismus und Bergbau arbeiten. Wie viel sie zum mexikanischen Bruttoinlandsprodukt beitragen, ist bisher nicht bekannt. (Ende/IPS/ck/2012)


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IPS-Tagesdienst vom 20. Januar 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Januar 2012