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TOURTIP/921: Die Märkische Schweiz in Brandenburg (Der Falke)


Der Falke - Journal für Vogelbeobachter 1/2009

Die Märkische Schweiz in Brandenburg:
Ein stilles Kleinod im Osten Deutschlands

Von Thomas Brandt, Christoph Moning und Christian Wagner


Ein ruhiges, idyllisches und unter Vogelbeobachtern wenig bekanntes Kleinod liegt 50 km östlich von Berlin im Osten von Brandenburg: Die Märkische Schweiz ist mit 205 km² der kleinste Naturpark Brandenburgs. Um die Schönheit dieses idyllischen Fleckchens zu erhalten, erklärte die letzte DDR-Regierung das Gebiet durch Verordnung vom 12.9.1990 im Rahmen ihres Nationalparkprogramms zum Naturpark. Dieser ist in großen Teilen auch Europäisches Vogelschutzgebiet (SPA).

Die Landschaft ist eiszeitlich geprägt und hat ein lebhaftes Relief. So ergeben sich um den Bach Stöbber auf kurzem Raum Höhenunterschiede von mehr als 140 m. Wald und Offenland sind eng miteinander verzahnt und durch viele Kleingewässer unterbrochen. Durch die Kleinräumigkeit des Gebiets und die Ruhe der verträumten Landschaft kann man eine interessante Auswahl an Vögeln beobachten und erholsame Tage verbringen. Spektakuläre Beobachtungen sind an den Friedländer Teichen möglich, wo Vogelbeobachter eine gut ausgebaute Infrastruktur vorfinden.


Lebensräume

Innerhalb der Märkischen Schweiz lassen sich drei avifaunistisch bedeutsame Teilräume abgrenzen.

Zentral gelegen und somit als Ausgangspunkt für Exkursionen gut geeignet ist das Wald- und Seengebiet der Buckower Hügel- und Kessellandschaft, das den idyllischen Ort Buckow umschließt. Der Stöbber, das zentrale Fließgewässer dieses Lebensraums, durchfließt von Buckow bis Altfriedland ein malerisches Tal, das als Naturschutzgebiet ausgewiesen ist. Der Talgrund mit seinen Feuchtwäldern, Zwischenmooren und kleinen Seen wird an den Talkanten von Buchen- und Buchenmischwaldbeständen flankiert.

Die Ackerflächen der Feldmark im Naturpark bilden einen starken Kontrast zur Buckower Waldlandschaft. Dort wechseln sich steppenartig ausgeräumte mit reich strukturierten Agrarflächen ab. Die wenig gegliederten Äcker sind die bevorzugten Äsungsflächen der rastenden nordischen Gänse, während die abwechslungsreichen Abschnitte noch heute vielen Kulturfolgern gute Brutmöglichkeiten bieten.

Das ornithologisch interessanteste Teilareal der Märkischen Schweiz ist das Altfriedländer Teich- und Seengebiet. Die erst wenig über 30 Jahre alte, insgesamt 280 ha große und 19 Teiche umfassende Anlage liegt am Rand der Oderniederung. Einige der Teiche sind von wüchsigen Schilfröhrichten umgeben. Die flachen und nährstoffreichen Teiche werden im Herbst abgelassen. Dabei entstehen bis zu 150ha Schlammflächen. Insgesamt drei Beobachtungstürme schaffen eine optimale Infrastruktur. Das Rote Luch ist zurzeit ornithologisch wenig interessant. Die anstehende Wiedervernässung lässt aber erwarten, dass dieser Landschaftsraum in Zukunft wieder ein wertvoller Vogellebensraum werden wird.


Besondere Vogelarten

Charakteristische Brutvogelarten entlang des Stöbbers mit seinen angrenzenden Feuchtwäldern sind Schellente, Kranich, Waldwasserläufer und Eisvogel. Gebirgsstelzen brüteten vor allem im Bereich der alten Mühlenbauwerke, wie zum Beispiel der Pritzhagener Mühle. An den schnell strömenden Bachabschnitten überwintern regelmäßig nordische Wasseramseln. Die ausgedehnten Mischwaldgebiete sind Horstbereiche von Rotmilanen sowie - weitaus seltener - von Schwarzstörchen, Seeadlern und Baumfalken. In Buchenmischwaldbeständen siedeln Wendehals, Schwarz-, Grün- und Mittelspecht. In einigen Altbeständen finden auch Zwergschnäpper noch genügend Bruthöhlen.

In den landwirtschaftlichen Betriebsflächen östlich von Ihlow konzentrieren sich Wachtel, Rebhuhn, Braunkehlchen, Grauammer und Ortolan. Die Endmoränenlandschaft bei Hermersdorf hat besondere Bedeutung als Kranichrastplatz und bietet Rast und Äsungsflächen für Saat- und Blässgänse, die auf den Altfriedlänger Teichen übernachten. Rothalstaucher, Große Rohrdommel, Kranich, Bart- und Beutelmeise brüten in den Feldsöllen und am Hintersee. Die Rohrweihe erreicht hier eine der höchsten Siedlungsdichten im nordostdeutschen Tiefland. In den Dörfern brüten zahlreiche Schleiereulen.

Das Altfriedländer Teich- und Seengebiet ist das bedeutendste Wasservogelbrut-, Rast- und Durchzugsgebiet in der Märkischen Schweiz. Graugans, Zwergdommel, Silber- (einer der wenigen Binnenlandbrutplätze), Mittelmeer- und Lachmöwe sind Brutvögel. Daneben existiert eine Flussseeschwalbenkolonie auf Brutflößen (zirka 50 Brutpaare). In den Uferzonen der Gewässer leben Beutel- und Bartmeise, Rohrschwirl und Drosselrohrsänger. Regelmäßige Nahrungsgäste sind Silberreiher (im Herbst über 100 Individuen), Schwarz- und Weißstorch sowie Fisch- und Seeadler. Insbesondere im Oktober und November rasten hier bis zu 30000 Saat- und Blässgänse, auch seltenere Gänsearten wie Rothals-, Kurzschnabel- und Zwerggans sind regelmäßig dazwischen. Nach dem Abfischen und Ablassen der Teiche im Herbst sind ausgedehnte Schlammflächen für rastende Limikolen wie Bekassine, Bruchwasserläufer und Kampfläufer verfügbar. Im November kann es dann zu großen Ansammlungen von Kiebitzen (bis zu 3000) kommen. Neben vielen häufigeren Entenarten überwintern auch Gänsesäger auf den Friedländer Teichen.

Wegen des vielfältigen Landschaftsmosaiks brüten im Naturpark regelmäßig über 130 Vogelarten. Insgesamt wurden bisher 261 Vogelarten nachgewiesen.


Reisezeit

Die Märkische Schweiz lohnt besonders zur Brutzeit, die schon im März zur Spechtbalz beginnt, einen Besuch. Ende Mai rufen Zwergdommeln aus dem Schilf, Zwergschnäpper sind in die Wälder eingezogen, Ortolane besetzen die Alleen und Sperbergrasmücken sind aus Afrika zurück. Die Altfriedländer Teiche sind zur Brutzeit besonders empfehlenswert. Daneben kann man in diesem Teichgebiet auch zu den Zugzeiten schöne Beobachtungsstunden verbringen. Der Frühjahrszug und der Herbstzug sind ausgeprägt und Gänse sind vor allem im Spätherbst an den Altfriedländer Teichen zu finden. Nur im Winter ist es in der Märkischen Schweiz ruhiger.


Beobachtungsmöglichkeiten

Das Wald und Seengebiet der Buckower Hügel- und Kessellandschaft ist durch ein enges Wegenetz erschlossen. Eine kleine aber lohnende Wanderung mit Chance auf Zwergschnäpper und viele weitere Waldarten (siehe oben) beginnt am Schweizer Haus, dem Naturparkhaus in Buckow, und umrundet in knapp 3 km den Kleinen Tornowsee. Die Anschaffung einer Wanderkarte für diese Wanderung ist sinnvoll.

Ein typischer Ausschnitt der Feldflur der Märkischen Schweiz findet sich am Nordrand des Naturparks zwischen den Örtchen Reichenberg und Ihlow. Man findet dort eine reiche Palette an Kulturfolgern, unter anderem auch Ortolane. Ein schlechter Feldweg, den man fahren kann (aber besser geht!), verlässt die L 34 genau dort nach links, wo eine kleine Straße nach rechts Richtung "Pritzhagen" abzweigt. Ihm kann man 3km bis Ihlow folgen. Auf der Straße von Ihlow nach Reichenberg kommt man an einem Feldsoll vorbei, auf dem sich regelmäßig Rothalstaucher aufhalten. Weiterhin findet man hier auf einem Leitungsmast auch einen Fischadlerhorst.

Der Hintersee, ein Nebensee des Vorder- oder Haussees, ist ein schilfreicher Flachsee mit einer guten Auswahl an Röhrichtarten. Man kann mit etwas Glück auch eine Rohrdommel finden. Kraniche sind fast immer im Umland anzutreffen. Manchmal jagen hier am Abend Schleiereulen. Ein Feldweg, der auf einer Kuppe von der L 362 Obersdorf-Hermersdorf (2 km nördlich des Bahnhofs Obersdorf) nach Südosten abzweigt, führt nördlich des Sees entlang und ermöglicht immer wieder interessante Einblicke.

Das Altfriedländer Teich- und Seengebiet ist von drei Beobachtungstürmen aus gut einsehbar. In Karlsdorf, das südwestlich der B 167 liegt, steht südlich der Straße unübersehbar ein Schornstein mit Storchenrad. Direkt nordöstlich davon beginnt an einem kleinen Parkplatz der kurze mit "Vogelbeobachtungskanzel" beschilderte Stichweg zu einer Beobachtungskanzel mit Blick über die Karlsdorfer Teiche. Zwei weitere findet man am Nordrand von Altfriedland. Dazu fährt man von der B 167 nach Altfriedland in den Ort. Die "Klosterstraße" führt bis an den nördlichen Ortsrand, wo man an der Wendeplatte parkt. Ein Wanderschild "Beobachtungskanzel" weist den Weg dorthin. Die Kanzeln ermöglichen einen umfassenden Blick in die Kietzer Teiche mit der Flussseeschwalbenkolonie. Im Herbst ist die erste Kanzel der beste Platz für die Gänsebeobachtung. Zur Brutzeit der Zwergdommel lohnt es sich auch, beim Fischerimbiss um Zugang zu den direkt dort angeschlossenen Teichen zu bitten. Mit Glück kann man die kleinen Reiher dort beobachten.


Weitere Beobachtungs- und Freizeitmöglichkeiten

Im Bereich von Buckow wurde eine ganze Reihe sehr schöner Wanderungen ausgewiesen. So gibt es markierte Wege um den Schermützelsee (7,5 km), zur Wurzelfichte, einer 160-180 Jahre alten Fichten mit bizarr geformtem, freiliegendem Wurzelwerk (7 km) oder um den Klobichsee (10 km). Eine weitere Möglichkeit das Stöbbertal zu erwandern, besteht in einer Tour von Buckow/Naturparkhaus bis nach Karlsdorf an den Altfriedländer Teichen. Der Europäische Fernwanderweg E 11 führt durch das Tal, ihm kann man einfach folgen (11 km, einfach bis zur Bushaltestelle "Karlsdorf Dorf, Neuhardenberg", für das Fahrrad empfohlen, Kennzeichnung grüner Punkt).

Der ehemalige Truppenübungsplatz Altranft nordwestlich des gleichnamigen Ortes, ist mit rund 300 ha für ostdeutsche Verhältnisse zwar klein, wartet aber mit einer exquisiten Artenausstattung auf. Das Gelände darf zwar nicht betreten werden, kann aber von der am Nordrand entlangführenden Straße, die Altranft Richtung "Sonnenberg/Baasee" verlässt, eingesehen werden. Beeindruckend ist vor allem die hohe Dichte von Sperbergrasmücken. Aber auch Turteltaube, Wendehals, Raubwürger, Heidelerche, Braun- und Schwarzkehlchen sowie Gartenrotschwanz lassen sich vom Rand des Truppenübungsplatzes aus beobachten.

Gut drei Kilometer südöstlich von Altranft in Rathsdorf/Altgaul gibt es ein Storchenmuseum in einem Märkischen Ziegelbrennofen, das in der Saison täglich von 10 bis 17 Uhr geöffnet hat.


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Infomaterial/Literatur:

Arbeitsgemeinschaft Berlin-Brandenburger Ornithologen (ABBO)
(2003): Important Bird Areas (IBA) in Brandenburg und Berlin.
Verlag Natur und Text, Rangsdorf.

Hoffmann, J., A. Koszinski, K.-H. Köhn, H. Mittelstädt & G. Grützmacher (1998):
Das Europäische Vogelschutzgebiet (SPA) Märkische Schweiz.
Naturschutz und Landschaftspflege in Brandenburg 7(3): 202-205.

Wagner, C. & C. Moning (2009): Vögel beobachten in Ostdeutschland.
Franckh-Kosmos-Verlag, Stuttgart (erscheint im April 2009).

Topographische Freizeitkarte Märkische Schweiz (1:25000):
Landesvermessung und Geobasisinformation Brandenburg (sehr empfehlenswerte Karte).



Anfahrt:

Mit Bahn und Bus:
Buckow mit knapp 2000 Einwohnern ist ein staatlich anerkannter Kneippkurort und "Hauptstadt" der Märkischen Schweiz. Bahnhöfe befinden sich aber nur in Müncheberg (Bahnhof liegt nördlich der Stadt), in Obersdorf und in Trebnitz (Mark); alle am Südrand des Naturparks gelegen. Eine Museumsbahn fährt an den Wochenenden von Müncheberg nach Buckow. Ansonsten erreicht man Buckow von Müncheberg aus mit dem Bus.

Altfriedland ist gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar (Haltestelle "Altfriedland Dorf, Neuhardenberg", am Dorfanger gelegen). Auch in Karlsdorf befindet sich eine Bushaltestelle ("Karlsdorf Dorf, Neuhardenberg") und an der B 167 im Bereich der Teiche befindet sich die Haltestelle "Karlsdorf Abzw. B 167, Neuhardenberg". Altfriedland ist von Buckow aus auch gut mit dem Fahrrad erreichbar.

Mit dem Auto:
Buckow liegt 45 km östlich von Berlin-Zentrum und ist nur über kleine Straßen erreichbar. Altfriedland liegt dagegen an der B 167 zwischen Bad Freienwalde und Seelow am Ostrand der Märkischen Schweiz.



Adressen

Naturpark Märkische Schweiz,
Besucherinformationszentrum Schweizer Haus (Ausstellung),
Lindenstraße 33, 15377 Buckow, Tel.: 033433/1515-107,
E-Mail: schweizer.haus@lua.brandenburg.de;
die Naturparkverwaltung ist ebenfalls im Schweizer Haus
untergebracht, Tel.: 033433/15840,
www.maerkischeschweiz.com/naturpark/index.php?id=33

Kultur- und Tourismusamt Märkische Schweiz,
Sebastian-Kneipp-Weg 1, 15377 Buckow (Märkische Schweiz),
Tel.: 0334/33-57500, E-Mail: touristinfo@amt-maerkische-schweiz.de,
www.buckow-online.de


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Quelle:
Der Falke - Journal für Vogelbeobachter 1/2009
56. Jahrgang, Januar 2009, S. 27-29
mit freundlicher Genehmigung des AULA-Verlags
AULA-Verlag GmbH, Industriepark 3, 56291 Wiebelsheim
Tel.: 06766/903 141; Fax: 06766/903 320
E-Mail: falke@aula-verlag.de

Erscheinungsweise: monatlich
Einzelhelftpreis: 4,80 Euro
Das Jahresabonnement für 12 Hefte ist im In-
und Ausland für 49,- Euro zzgl. Porto erhältlich.


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Januar 2009