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TOURTIP/927: Belziger Landschaftswiesen in Brandenburg (Der Falke)


Der Falke - Journal für Vogelbeobachter 4/2009

Belziger Landschaftswiesen in Brandenburg -
Eines der letzten Großtrappengebiete Deutschlands

Von Thomas Brandt, Christoph Moning und Christian Wagner


Die Belziger Landschaftswiesen sind Teil des Baruther Urstromtals. Dieses ist eine Abflussbahn der eiszeitlichen Schmelzwasser und entstand vor rund 21000 Jahren. Die gewaltigen Schmelzwasserflüsse hinterließen einen rund drei bis fünf Kilometer breiten Talboden. Wie bei Urstromtälern typisch, bestehen auch die Belziger Landschaftswiesen im Untergrund aus mächtigen Schmelzwassersanden. Durch das Ansteigen des Grundwasserspiegels vor ungefähr 8000 Jahren vermoorten die Sander großflächig. In der Folge bildeten sich weitläufige Bruch- und Feuchtwälder, die heute allerdings wieder verschwunden sind. In den ebenen, nur 40 bis 44 m über NN liegenden und weder von Siedlungen noch Straßen zerschnittenen Belziger Landschaftswiesen lebt die nach dem Havelländischen Luch größte Großtrappengruppe Deutschlands, die sich hier auch gut beobachten lässt. Weitere Großtrappen gibt es in Deutschland nur noch im Havelländischen Luch und im Fiener Bruch. So sind die Belziger Landschaftswiesen seit den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts in ein staatliches Schutzkonzept zur Rettung der Großtrappe integriert, seit 2005 als Naturschutzgebiet geschützt und auch als Europäisches Vogelschutzgebiet (SPA) "Unteres Rhinluch/Dreetzer See, Havelländisches Luch und Belziger Landschaftswiesen" gemeldet. Landschaftliche Reize bietet die nur in seinem Randbereich frei zugängliche Niederung eher den Freunden weiter Landschaften und den stillen Genießern.


Lebensräume

Noch um 1780 waren die Belziger Landschaftswiesen ein intaktes Niedermoor und vollständig mit Bruch- und Auwäldern bestanden. Erst danach begannen die Rodungen, die bis heute zu einer fast baumlosen Landschaft geführt haben. Der heutige Waldanteil beträgt gerade einmal 1,2 %. Das Gebiet wurde nach der Entwaldung - je nach Entfernung von den am Rande gelegenen Ortschaften - als Weide, Heu- oder Streuwiese genutzt. Ab dem Mittelalter sind erste Eingriffe in das Wasserregime für das Betreiben von Mühlen bekannt, aber erst in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts wurden umfangreiche tiefgründige Entwässerungen durchgeführt, die zu dem aktuell umfassend kanalisierten Gewässersystem geführt haben. Die tiefgründige Entwässerung der gerodeten Offenlandstandorte hat dazu geführt, dass eine intensive Grünlandnutzung mit Saatgrasland sowie intensiver Weide- und Mahdnutzung möglich wurde. Dazwischen liegen einige nasse Vertiefungen, in denen zum Teil bis in den Sommer hinein Wasser steht. Am Rand runden Erlenbruchwaldreste und Kiefernforste auf kleinen Dünenkomplexen das Landschaftsbild ab. Im Rahmen der Schutz- und Entwicklungsmaßnahmen werden oberflächennahe Grundwasserstände und teilweise bis weit in das Frühjahr hinein flach überstaute Wiesen angestrebt.


Besondere Vogelarten

Die Belziger Landschaftswiesen sind vor allem durch die Großtrappen bekannt. Der "märkische Strauß", wie die Großtrappe auch genannt wird, bewohnte ursprünglich offene Steppen und wanderte im Mittelalter mit der Rodung der Wälder und der Bewirtschaftung der gerodeten Flächen durch Dreifelderwirtschaft in Mitteleuropa ein. Die offene Landschaft und die vielen ruhigen Brachen führten dazu, dass diese Kulturfolger in Deutschland so häufig wurden, dass die Bauern 1753 von Friedrich II. sogar zeitweilig die Genehmigung zur Jagd auf den schwersten flugfähigen Vogel in Deutschland erhielten. Noch um 1940 lebten vor allem in Brandenburg, Mecklenburg, Sachsen-Anhalt und Sachsen etwa 4000 Großtrappen. 1997/98 wurden nur noch gut 50 Individuen erfasst. Mittlerweile (2007) sind es in Deutschland wieder über 110 Tiere, davon leben 35 bis 40 (Winter 2008/09) in den Belziger Landschaftswiesen. Grund dafür sind konsequente Schutzmaßnahmen und ein umfangreiches Zucht- und Auswilderungsprogramm.

Neben den Großtrappen kann man zur Brutzeit mit großer Wahrscheinlichkeit Weißstorch, Fischadler, Kranich, Kiebitz, Bekassine, Pirol, Heidelerche, Braunkehlchen und Ortolan beobachten. Für den Großen Brachvogel sind die Landschaftswiesen mit jährlich 20 bis 23 Brutpaaren (1998-2007) das bedeutendste Brutgebiet in Ostdeutschland. Im Baitzer Kirchturm brütet regelmäßig die Schleiereule, die man in den Abend- und Nachtstunden von der Bushaltestelle im Dorfkern gut hören kann. Auch gibt es eine sehr kleine Population des Steinkauzes, die durch Auswilderungen gestützt wird. Im Großtrappenauswilderungsgehege brüten unregelmäßig Wiesenweihe und Sumpfohreule.

Zu den Zugzeiten sind die Wiesen in Teilbereichen überflutet und für Zwergschwan, Saat- und Blässgans, verschiedene Entenarten, Kranich, Kiebitz und Goldregenpfeifer bedeutsame Rastgebiete. Regelmäßige Wintergäste sind Raufußbussard, Merlin und Raubwürger. Die Belziger Landschaftswiesen sind als Überwinterungsgebiet für die Kornweihe bedeutsam.


Reisezeit

Zur Balzzeit von Mitte März bis Mitte Mai konzentrieren sich die Großtrappen im Nordwesten des Gebiets. Sie sind dann sehr gut von dem Beobachtungsturm bei Freienthal aus zu sehen. Um die spektakuläre Balz genießen zu können, sollte man ein Spektiv dabeihaben. Frühmorgens sind die Männchen besonders aktiv. Während der Sommermonate sind die Großtrappen sehr heimlich und trotz ihrer Größe in der hohen Vegetation nur schwer zu finden. Im Winter nutzen die Trappen gerne Rapsäcker im Süden des Gebiets. Sie sind dann allerdings weniger standorttreu als im Frühjahr. Wer dann Großtrappen sehen möchte, wendet sich am besten an den Förderverein (s. Adressen), der vor allem im Havelländischen Luch aktiv ist, wo sich ebenfalls gut Großtrappen beobachten lassen.

Im Herbst und Winter kann es in den Belziger Landschaftswiesen recht ruhig sein. Wenn allerdings Wasserflächen vorhanden sind, lohnt sich ein Besuch auch in der kalten Jahreszeit.


Beobachtungsmöglichkeiten

Der wichtigste Beobachtungspunkt für Trappen zur Brutzeit befindet sich am Nordrand der Landschaftswiesen südwestlich von Freienthal. Von der A 9 fährt man nach Brück und weiter auf der L 85 Richtung "Brandenburg". In Freienthal zweigt nur eine ernstzunehmende Straße links ab und führt anfangs noch gepflastert Richtung Südwesten aus dem Ort. Nach 700 m (von der L 85) hält man sich halblinks und durchquert einen Kiefernwald, hinter dem man rechts fährt. Man nimmt den nächsten Weg links und erreicht an Stallanlagen vorbei (im zeitigen Frühjahr auf Steinkauz achten) eine Brücke über die Plane, wo man parkt (1,9 km von der L 85). Dahinter steht der auffällige Beobachtungsturm. Rechts blickend kann man ein Auswilderungsgehege erkennen, in dessen Umgebung sich gerne Großtrappen aufhalten. Beim Fischadlerhorst brütet, vom Turm aus allerdings schlecht sichtbar, ein Fischadlerpaar auf einem Hochspannungsmast. Die Sandpiste Richtung Nordwesten führt entlang eines Kiefernwäldchens und bietet Chancen auf Wachtel, Heidelerche und Ortolan. Der Weg ist 4,3 km lang.

Ein weiterer guter Übersichtspunkt ist die Hangkante östlich von Baitz. Von der A 9 kommend fährt man in Brück nach links Richtung Belzig und folgt der Straße ca. 5 km bis Neschholz. Dort hält man sich Richtung Baitz und verlässt in Baitz die Hauptstraße unmittelbar nach Überquerung einer kleinen Brücke (kleiner grüner Wegweiser "Europaradwanderweg R1"), nach rechts. Nach 200 m parkt man an einer weiteren Brücke. Nordwestlich der Brücke liegt ein Rinderstall, wo man auf dem Sandweg vor dem Stall Haubenlerchen beobachten kann. Der weitere Weg führt, dem Fahrradweg folgend, über die Brücke (Gebirgsstelze) in 1,1 km nach Westen zu einem Picknickplatz mit einem wunderbaren Blick über die Landschaftswiesen. Greifvögel lassen sich von hier aus gut beobachten sowie im Winter Raufußbussard und Raubwürger. Vom Herbst bis zum Vorfrühling stehen die Großtrappen oft in den Rapsfeldern nördlich vom Picknickplatz. Seit 2007 befindet sich auch ein weiteres Trappengehege in diesem Bereich.

Der Plattenweg, der am Fischadlerhorst vorbeiführt, darf befahren werden. Er durchschneidet interessante Feuchtwiesen in denen Große Brachvögel brüten. Die Tiere können bei noch kurzer Vegetation im März / April gut vom Plattenweg aus beobachtet werden. Außerdem brüten hier unregelmäßig Wachtelkönige. Der Zugang erfolgt am Einfachsten von der L 85 aus. Der asphaltierte Weg biegt 3,7 km nach Verlassen von "Brück" bzw. 900 m südöstlich von "Freienthal" nach Süden ab. Um Störungen zu vermeiden und zum Schutz der in diesen Wiesenbereichen auch regelmäßig brütenden Großtrappen, sollte man das Verlassen des Wegs unbedingt unterlassen.


Weitere Beobachtungs- und Freizeitmöglichkeiten

Der Rietzer See mit dem Streng, gut 20 km nördlich der Belziger Landschaftswiesen, und die Nuthe-Nieplitz-Niederung, 30 km westlich davon, sind zwei sehr reizvolle Gebiete im Nahbereich von Berlin, die das ganze Jahr über einen Besuch wert sind.


Infomaterial/Literatur:

Haase, P., B. Litzbarski, H. Litzbarski & T. Ryslavy (2005):
Das Europäische Vogelschutzgebiet (SPA) Unteres Rhinluch/Dreetzer See,
Havelländisches Luch und Belziger Landschaftswiesen.
Naturschutz und Landschaftspflege in Brandenburg 14 (3/4): 82-85.

Litzbarski, B. (1998): Das Europäische Vogelschutzgebiet (SPA)
Belziger Landschaftswiesen.
Naturschutz und Landschaftspflege in Brandenburg 7: 182-184.

Wagner, C. & C. Moning (2009): Vögel beobachten in Ostdeutschland.
Franckh-Kosmos-Verlag, Stuttgart.



Anfahrt

Die Belziger Landschaftswiesen liegen gut 50 km südwestlich von Berlin-Mitte.

Mit Bahn und Bus:
Bahnhöfe findet man in Brück und Baitz. Eine Bushaltestelle existiert in Lütte. Eine Wanderung von Lütte bis zum Bahnhof in Brück ist 18 km lang. Die sehr sandigen Wege sind nur eingeschränkt fahrradtauglich.

Mit dem Auto:
Die Belziger Landschaftswiesen liegen verkehrstechnisch sehr günstig nur wenige Kilometer von der A 9 entfernt. Man verlässt die Autobahn bei der Ausfahrt Brück/Treuenbrietzen. Auch von der A 2 Ausfahrt "Brandenburg" über die B 102 ist das Gebiet erreichbar.

Adressen

Das Informations-Zentrum Belziger Landschaftswiesen gibt
gerne Auskunft. Sprechzeit: Dienstag 7.30 bis 18.00 Uhr.
Anmeldung: Förderverein Großtrappenschutz e. V.,
Im Winkel 13, 14806 Baitz, 033841/30220.

Verkehrgesellschaft Belzig mbH,
03381/723217 (Fahrplan-auskünfte), www.vgbelzig.de


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Quelle:
Der Falke - Journal für Vogelbeobachter 4/2009
56. Jahrgang, April 2009, S. 125-128
mit freundlicher Genehmigung des AULA-Verlags
AULA-Verlag GmbH, Industriepark 3, 56291 Wiebelsheim
Tel.: 06766/903 141; Fax: 06766/903 320
E-Mail: falke@aula-verlag.de

Erscheinungsweise: monatlich
Einzelhelftpreis: 4,80 Euro
Das Jahresabonnement für 12 Hefte ist im In-
und Ausland für 49,- Euro zzgl. Porto erhältlich.


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. April 2009