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UNTERNEHMEN/104: VW - Mit neuer Konzernstrategie raus aus dem Tunnel (Irene Feldbauer)


Mit neuer Konzernstrategie raus aus dem Tunnel

VW will ein weltweit führender Anbieter nachhaltiger Mobilität werden

von Irene Feldbauer, 16. Juni 2016


Der Volkswagen Konzern will die Voraussetzungen schaffen, "um auch in der Mobilitätswelt von morgen nachhaltig erfolgreich zu sein und einer der weltweit führenden Anbieter nachhaltiger Mobilität zu werden", informiert eine Pressemitteilung vom Donnerstag aus der Konzernzentrale in Wolfsburg. Um diese Ziele zu erreichen, habe der Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrates ein Zukunftsprogramm "TOGETHER - Strategie 2025" beschlossen. Damit gebe der Vorstand zugleich den Startschuss für den größten Veränderungsprozess in der Geschichte des Volkswagen Konzerns. "Die neue Konzernstrategie umfasst eine Fülle weitreichender Richtungsentscheidungen sowie konkreter Initiativen und zielt im Kern auf nachhaltige Zukunftssicherung und profitables Wachstum", heisst es in der Mitteilung. Erreicht werden soll dies durch die umfassende Transformation des automobilen Kerngeschäfts, den zügigen Aufbau eines neuen Geschäftsfelds Mobilitätslösungen, deutliche Effizienzsteigerungen sowie die Stärkung der Innovationskraft und des unternehmerischen Denkens und Handelns im Unternehmen.


VW will aus dem Dieselskandal, genannt "Dieselthematik", lernen

"Volkswagen bereichert mit seinen Marken und Produkten seit jeher das Leben vieler Millionen Menschen überall auf der Welt. Unser Anspruch ist es, diese Erfolgsgeschichte fortzusetzen und die Mobilität für künftige Generationen maßgeblich mitzugestalten. Voraussetzung dafür ist, dass wir - nach dem schweren Schlag durch die Dieselthematik - aus den gemachten Fehlern lernen, Defizite beheben und eine offene, werteorientierte, auf Integrität aufbauende Unternehmenskultur bei uns etablieren", wird der Vorstandsvorsitzende Matthias Müller bei der Vorstellung der neuen strategischen Ausrichtung in Wolfsburg zitiert.

"Mit dem Zukunftsprogramm 'TOGETHER - Strategie 2025' wird der Volkswagen Konzern fokussierter, effizienter, innovativer, kundennäher, nachhaltiger - und konsequent auf profitables Wachstum ausgerichtet. Wir wollen dauerhaft Wert für alle unsere Stakeholder schaffen. Das gelingt nur gemeinsam - mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, mit und für unsere Kunden, Aktionäre und Geschäftspartner, und im vollen Bewusstsein unserer Verantwortung für Gesellschaft und Umwelt", so Müller weiter.


Leitplanken, um ein weltweit führender Anbieter nachhaltiger Mobilität zu werden

Die "TOGETHER - Strategie 2025" bilde den Rahmen und setze die Leitplanken für die angestrebte Weiterentwicklung des Volkswagen Konzerns vom Automobilhersteller zu einem weltweit führenden Anbieter nachhaltiger Mobilität. Sie werde durch korrespondierende Strategien der Konzernmarken vervollständigt, die in den kommenden Monaten sukzessive ausgearbeitet würden. Das detaillierte, auf Marken- und Funktionsbereiche heruntergebrochene, mit konkreten Maßnahmen und Finanzzielen unterlegte strategische Programm will VW bis Jahresende präsentieren.

Das schließe auch den "Zukunftspakt" für die Marke Volkswagen ein, an dem Markenvorstand und Betriebsrat seit Anfang Juni arbeiten. Dabei gehe es um eine substanzielle Steigerung von Effizienz, Produktivität und Profitabilität, um Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung zu sichern sowie die notwendigen Zukunftsinvestitionen in Produkte und Standorte zu finanzieren. Angesichts der großen Bedeutung der Marke innerhalb des Volkswagen Konzerns komme ihr zugleich eine Schlüsselrolle für das Erreichen der Konzernziele zu.


Kerngeschäft soll transformiert werden

Erster Eckpfeiler der heute in ihren Kernelementen vorgestellten neuen Konzernstrategie sei die Transformation des automobilen Kerngeschäfts von Volkswagen, also dessen tiefgreifender Umbau für das neue Zeitalter der Mobilität. Volkswagen will im Zuge dessen die Konzernmarken trennschärfer positionieren und sein Fahrzeug- und Antriebsportfolio mit Blick auf die attraktivsten und wachstumsstärksten Marktsegmente optimieren. Zudem werde das heute rund 340 verschiedene Modellvarianten umfassende Produktportfolio des Konzerns unter Berücksichtigung regionaler Markt- und Kundenbedürfnisse konsequent auf profitables Wachstum ausgerichtet.


Elektromobilität im Fokus

Ein besonderer Fokus bei den Fahrzeugen und Antrieben gelte der Elektromobilität. Hier plant der Konzern eine umfassende Offensive: Insgesamt sollen in den kommenden zehn Jahren mehr als 30 rein Batterieelektrische Fahrzeuge (BEV) auf den Markt gebracht werden. Der Anteil solcher Fahrzeuge am Pkw-Weltmarkt könnte nach Schätzungen des Unternehmens dann bereits bei rund einem Viertel liegen.

Für den eigenen BEV-Absatz im Jahr 2025 prognostiziert der Konzern ein Volumen von zwei bis drei Millionen Einheiten, entsprechend einem Anteil von rund 20 bis 25 Prozent am dann erwarteten Gesamtabsatz.


Straffung der modularen Baukästen

Zudem will Volkswagen im Rahmen der Ausrichtung auf profitables Wachstum seine modularen Baukästen überarbeiten und straffen, um so die Komplexität in Entwicklung und Produktion zu reduzieren, die Effizienz zu steigern und damit die betriebswirtschaftlichen Vorzüge des Systems noch besser auszuschöpfen. Fortgeführt wird die bereits eingeleitete regionale Wachstumsstrategie in besonders attraktiven Automobilmärkten. Der Volkswagen Konzern bekräftigt dabei sowohl seine bereits kommunizierten Expansions- und Investitionspläne für Nordamerika als auch sein weiteres Ausbauprogramm in China. Das Economy-Segment, also das etwa für Asien besonders relevante Segment preiswerter Basisprodukte, will der Volkswagen Konzern dabei gemeinsam mit Partnern aus der Region erschließen. Gespräche darüber befänden sich im fortgeschrittenen Stadium.


Neue Kompetenzfelder

Als eine weitere Stoßrichtung bei der Transformation des automobilen Kerngeschäfts wird der Aufbau neuer Kompetenzfelder genannt. So will der Konzern beim Zukunftsthema Autonomes Fahren und Künstliche Intelligenz die nötigen Ressourcen eigenständig bereitstellen. Ziel ist die Zulassung einer selbst entwickelten wettbewerbsfähigen technischen Lösung (Self-Driving System, SDS) bis zum Ende der Dekade.


Batterietechnologie ein Schwerpunkt

Angesichts des in den kommenden Jahren rapide ansteigenden Markt- und Absatzvolumens von Elektrofahrzeugen will der Konzern zudem die Batterietechnologie als neues Kompetenzfeld erschließen. Die strategischen Optionen, um an dem damit verbundenen Ertragspotenzial teilzuhaben und die Batterietechnologie zu einem neuen Kompetenzfeld des Konzerns aufzubauen, sollen gründlich geprüft werden.


Unternehmerisches Denken und Handeln

Beim Umbau des Kerngeschäfts gehe es darüber hinaus um die konsequente Förderung von unternehmerischem Denken und Handeln in der Gruppe. Dazu gehöre neben der sukzessiven Implementierung der Baureihenorganisation in den Konzernmarken vor allem die Neuaufstellung des Komponentengeschäfts mit derzeit ca. 67.000 Mitarbeitern an weltweit 26 Standorten. Die entsprechenden Aktivitäten sollen über alle Marken hinweg konsequent gebündelt und strategisch neu ausgerichtet werden. Durch die Neuaufstellung des Komponentengeschäfts erwartet der VW- Konzern eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, eine Steigerung der Effizienz und maßgebliche Beiträge für Zukunftsthemen wie die Elektromobilitätsoffensive.


Nutzfahrzeuge einbezogen

Nicht nur bei Pkw, sondern auch bei den Nutzfahrzeugen sollen die Zukunftsthemen entschlossen vorangetrieben werden. Für sein Nutzfahrzeuggeschäft, das derzeit die Marken Scania, MAN und Volkswagen Nutzfahrzeuge umfasst, bekräftigt der Konzern sein strategisches Ziel, einen globalen Champion zu schaffen. Volkswagen Truck & Bus soll als Mehr-Marken-Anbieter über den Zyklus hinweg das profitabelste Unternehmen der Branche werden, mit einer signifikanten Präsenz in allen wichtigen Weltregionen.


Entwicklung intelligenter Transportlösungen

Diese Ziele sollen zum einen durch eine deutlich engere Zusammenarbeit der Nutzfahrzeugmarken, zum anderen durch die Verbesserung der Gesamtperformance der Gruppe und den Ausbau der weltweiten Präsenz erreicht werden. Dabei spielen auch neue Geschäftsmodelle eine tragende Rolle. Mittelfristig wird sich der Geschäftsbereich immer mehr vom reinen Nutzfahrzeug-Hersteller hin zum Anbieter intelligenter Transportlösungen entwickeln.


Finanzdienstleistungen als Ertragsquelle

Der Konzernbereich Finanzdienstleistungen wird auch unter der neuen strategischen Ausrichtung von Volkswagen eine bedeutende Ertragsquelle für den Konzern und eine starke Säule für den Erfolg seiner Marken bleiben.

"Fahrzeuge zu entwickeln, zu bauen und zu vertreiben wird einschließlich der damit verbundenen Finanzdienstleistungen auch künftig essenziell für den Volkswagen Konzern sein", führte Vorstandschef Matthias Müller weiter aus und fügte hinzu: "Mit der heute eingeleiteten Transformation verändern wir jedoch das Gesicht unseres Kerngeschäfts nachhaltig. So stellen wir sicher, dass wir dort auch mittel- bis langfristig führend bleiben. Dabei werden wir, wie es der Tradition im Volkswagen Konzern entspricht, verantwortungsvoll und kooperativ vorgehen. Ein so tiefgreifender Wandel, wie wir ihn vorhaben, kann nur gemeinsam gelingen".


Mobilitätsdienste zusätzlicher Wachstumstreiber

Zweiter Eckpfeiler von "TOGETHER - Strategie 2025" neben der Transformation des Kerngeschäfts ist der Aufbau eines markenübergreifenden Geschäftsfelds für Mobilitätslösungen. Die neue Einheit wird am Kundenbedarf orientierte Angebote selbst aufbauen und zukaufen - mit der Vermittlung von Fahrdienstleistungen auf Abruf, dem sogenannten "Ride Hailing", als Kern- und Startthema. In der Folge sollen weitere Dienste wie Robotaxis, Carsharing oder Transport-On- Demand um diesen Nukleus herum gruppiert werden.


"Ride Hailing" bereits auf dem Weg

Im Bereich Ride Hailing hat der Konzern bereits Ende Mai sein erstes Engagement auf den Weg gebracht: eine mit einem signifikanten Investment unterlegte strategische Partnerschaft mit dem On-Demand-Mobilitätsunternehmen Gett.

Volkswagen strebt mit dem neuen Geschäftsbereich Mobilitätslösungen in einem schnell wachsenden Markt bis zum Jahr 2025 einen Umsatz in Milliardenhöhe an.

Sowohl für die Transformation des Kerngeschäfts als auch für den neuen Konzernbereich Mobilitätslösungen ist es notwendig, dass Volkswagen seine traditionell hohe Innovationskraft stärkt und auf ein noch breiteres Fundament stellt. Der Konzern forciert die Digitalisierung in allen Bereichen und Marken. Zugleich setzt das Unternehmen künftig stärker als bisher auf Partnerschaften, Zukäufe und Venture-Capital-Investments. Die Auswahl der Engagements wird künftig zentral gesteuert, um den größtmöglichen Mehrwert für den Konzern und seine Marken zu generieren.


Deutliche Effizienzsteigerungen

Für Zukunftsthemen werden im Rahmen der "Strategie 2025" konzernweit insgesamt Investitionen im zweistelligen Milliardenbereich veranschlagt. Um deren Finanzierung zu sichern, soll vor allem die Operative Exzellenz über alle Konzernbereiche und Funktionen hinweg deutlich gesteigert werden. So sollen im Branchenvergleich, insbesondere auch bei der Marke Volkswagen, erhebliche Effizienzreserven realisiert werden.

Dies betrifft die gesamte Wertschöpfungskette im Automobilgeschäft, von der Produktentstehung über den Einkauf und die Produktion bis zum Vertrieb.

Konkret strebt der Konzern bis 2025 eine Quote der Sachinvestitionen im Verhältnis zum Umsatz im Automobilgeschäft von 6,0 Prozent an. Auch die Effizienz der Forschungs- und Entwicklungsausgaben soll signifikant verbessert werden, die entsprechende Quote im Gegenzug auf 6,0 Prozent reduziert werden. Zudem sollen die in den vergangenen Jahren im Verhältnis zum Umsatz deutlich gestiegenen allgemeinen Vertriebs- und Verwaltungskosten auf unter 12 Prozent gesenkt werden. Insgesamt geht der Volkswagen Konzern auf Basis der Zahlen des Geschäftsjahres 2015 durch die Effizienzsteigerungen von einem jährlichen Ertragssteigerungspotenzial in signifikanter Höhe aus. Die Konkretisierung einzelner Maßnahmen auf Konzern-, Marken- und Bereichsebene erfolgt in den kommenden Monaten.

Zusätzliche Mittel für Zukunftsinvestitionen könnten auch durch eine Optimierung des bestehenden Marken- und Beteiligungsportfolios generiert werden.


Angepasste Finanzziele

Hinterlegt ist die "Strategie 2025" mit angepassten Finanzzielen. "Gemäß der konsequenten Ausrichtung auf profitables Wachstum liegt der Fokus klar auf der Ertragskraft. Wir werden auch in den kommenden Jahren alles daran setzen, auf der Basis einer soliden Finanzlage nachhaltig Wert für unsere Aktionäre zu schaffen", erklärte Finanzvorstand Frank Witter. Für die Operative Rendite des Konzerns, die 2015 vor Sondereinflüssen bei 6,0 Prozent lag, wird bis zum Jahr 2025 eine Steigerung auf 7 bis 8 Prozent angestrebt. Die Kapitalrendite im Automobilbereich soll dann bei mehr als 15 Prozent liegen. Die Ausschüttungsquote an die Aktionäre soll nachhaltig rund 30 Prozent des Nettogewinns betragen.

"Das Volkswagen der Zukunft wird seine Kunden mit faszinierenden Fahrzeugen, bedarfsgerechten Finanzdienstleistungen und smarten Mobilitätslösungen begeistern. Wir werden technologisch führend und ein Vorbild bei Umwelt, Sicherheit und Integrität sein. Der Konzern wird eine wettbewerbsfähige Ertragskraft haben - und so ein attraktives Investment und zugleich ein exzellenter, zuverlässiger und sicherer Arbeitgeber bleiben. Kurzum: Volkswagen wird ein Unternehmen sein, auf das wir alle gemeinsam stolz sein können", resümierte Vorstandschef Matthias Müller.

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Quelle:
© 2016 by Irene Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung der Autorin


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Juni 2016

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